wie stehen Sie zu dem vorgeschlagenen Touristen Visa Stopp für russische Staatsbürger? wie stehen Sie zu der Geschwindigkeit und der Art der Waffenlieferungen durch Deutschland an die Ukraine?
Sehr geehrter Herr K.,
aufgrund des brutalen und völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine erwarten (und erhalten) die Menschen in der Ukraine zurecht unsere Solidarität und Unterstützung. Zu dieser Unterstützung gehört auch eine breite Palette von Sanktionen gegenüber Russland, um so den Druck auf die russische Regierung zu erhöhen, diesen Krieg und das Leid der Menschen dort möglichst bald zu beenden. Daher wurde von der EU auch bereits am 25. Februar, also unmittelbar nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten (aber nicht für reguläre Touristen) das 2007 in Kraft getretene Visaerleichterungsabkommen außer Kraft gesetzt.
Vor wenigen Tagen nun beschloss die EU, dieses Abkommen vollständig auszusetzen. Visa werden für russische Staatsbürger*innen dadurch genauer geprüft, teurer und ihre Bearbeitung könnte länger dauern. Ein vollständiger Visa-Stopp ist damit aber nicht vorgesehen! So wird es weiterhin möglich sein, zum Beispiel Studenten und Journalisten die Einreise zu ermöglichen.
Diese Entscheidung halte ich für richtig, denn die politische und wirtschaftliche Elite Russlands, welche Putin nahesteht und seinen Krieg in der Ukraine unterstützt, soll keine Visa für Deutschland und die EU mehr erhalten solange dieser Krieg andauert. Ich selbst bin aber gegen einen generellen Visa-Stopp für alle russischen Bürgerinnen und Bürger, denn davon wären auch die mutigen Russ*innen betroffen, die gegen diesen Angriffskrieg und das undemokratische System in Russland sind. Außerdem würden so noch weniger unabhängige Informationen über den Krieg gegen die Ukraine nach Russland gelangen. Und wir wollen auch nicht, dass sich die Menschen in Russland aus Frust über westliche Sanktionen eher gegen die EU wenden als gegen ihren eigenen Präsidenten.
Es ist gut und wichtig, dass sich unsere Bundesregierung und der Bundeskanzler in allen Fragen, die diesen Krieg und den Umgang mit Russland betreffen, immer eng mit unseren Partner*innen in der EU und NATO abstimmen.
Betreffs Waffenlieferungen habe ich eine klare Haltung: Wir haben die Menschen in der Ukraine bei ihrem Abwehrkampf gegen Russland von Anfang an auf vielfältige Weise unterstützt und tun dies auch weiterhin, u.a. mit Finanzhilfen, mit diplomatischen Bemühungen, mit der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen, aber auch mit der Lieferung von Waffen; dazu gehört meiner Meinung nach auch konsequenterweise die Lieferung schwerer Waffen. Allerdings ist die Lieferung solcher Waffen, sowie von Ersatzteilen und Munition für diese komplexen Systeme,in ein Kriegsgebiet logistisch deutlich komplexer als sich das so mancher „Schreibtischstratege“ vorstellt. Und schließlich müssen auch die Soldaten an diesen Waffen geschult werden. Laut neuesten Daten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hat Deutschland übrigens bisher einen höheren Prozentsatz der öffentlich versprochenen Waffen nachweislich geliefert als einige andere Länder, darunter auch die USA. Deutschland unterstützt die Ukraine auch nicht nur durch eigene Waffenlieferungen, sondern auch über einen „Ringtausch“ mit anderen Ländern und finanziellen Hilfen für den Kauf von Waffen.
Mit freundlichen Grüßen,
Armand Zorn, MdB