Frage an Anton Schaaf von Ernst F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Schaaf,
ich habe gerade den Artikel Szenen einer Trennung auf www.derwesten.de gelesen und habe da folgende Frage:
Glauben Sie eigentlich selber Ihre Aussage "Der Rückgang der Arbeitslosigkeit zeigt, dass der Aufschwung bei vielen Menschen ankommt."
Dass die Kaufkraft der breiten Masse sinkt und die Mittelschicht schrumpft wird einem tagtäglich in neuen Untersuchungen aus den unterschiedlichsten Richtungen (auch solchen, die nicht im Verdacht stehen arbeitnehmerfreundlich orientiert zu sein) vorgerechnet. Sieht das nach Aufschwung aus?
Zu Ihrer allgemeinen Verteidigung von Hartz IV folgende Frage:
Wie stehen Sie eigentlich zu Mindestlöhnen und der Verantwortung Ihrer Partei für die Notwendigkeit jetzt über Mindestlöhne zu reden?
Ich finde es nämlich ausnehmend zynisch, wenn die Partei, die mit Hartz IV einen großen Beitrag zum Absinken unserer Löhne geleistet hat (so ziemlich jeder Beitrag von Wirtschaftswissenschaftlern, in dem die Agenda 2010 gelobt hat, hat als "Erfolg" herausgestellt, dass Menschen dank dieser "Reformen" jetzt bereit sind für weniger Geld zu arbeiten als früher) jetzt mit viel Tamtam dafür kämpft die selbst geschaffenen Probleme wieder zu beseitigen.
Sehr geehrter Herr Fritsch,
mit Einführung der Arbeitsmarktreform Hartz IV vor drei Jahren trat die größte und auch umstrittenste Arbeitsmarktreform in Kraft. Heute können wir sehen, dass die Arbeitslosigkeit insgesamt um 1,7 Millionen zurückging. Mittlerweile zeigt sich auch, dass entgegen den weit verbreiteten Befürchtungen massiver Kürzungen bei den Transferleistungen ein wesentlicher Teil der Langzeitarbeitslosen erstmals oder im Vergleich zum früheren System höhere Transferzahlungen erhält. Durch die eingeführte Grundsicherung für Arbeitssuchende werden das Arbeitslosengeld II für erwerbsfähige Hilfebedürftige und das Sozialgeld für ihre Angehörigen sowie überwiegend die Leistungen zur Integration in Arbeit finanziert.
Allerdings – wie ich schon sagte – definiert die SPD den Sozialstaat neu – weg vom versorgenden, hin zum vorsorgenden Sozialstaat.
Unser Ziel bleibt es, die Menschen wieder in Arbeit zu bringen, sie fordern und fördern – sie nicht nur mit Transferleistungen zu versorgen.
Der Aufschwung kommt bei vielen Menschen an, noch aber nicht bei allen. Wir setzen deshalb darauf, dass ganz besonders untere und mittlere Einkommensgruppen am Wohlstandszuwachs teilhaben. Deshalb ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns erforderlich, damit die Menschen endlich so entlohnt werden, dass sie von ihrer Arbeit auch leben können. Es ist untragbar, wenn Menschen trotz Vollzeitjob nicht mehr als Hartz IV verdienen.
(Übrigens Mindestlöhne werden nicht nur von den Linken, sondern auch von der SPD gefordert.)
Der Niedriglohnbereich wächst. Die Zahl von Menschen, die ergänzend zu ihrem Lohn Arbeitslosengeld II bekommt, steigt. Im Oktober 2007 waren dies rund 1,3 Millionen. Es kann nicht sein, dass der Staat für die Unternehmen die Löhne zahlt. Auch deshalb brauchen wir Mindestlöhne.
Außerdem ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes ein erster Schritt, um Altersarmut einzudämmen.
Allerdings wird es realistischerweise noch einige Zeit bis zur Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen dauern, da unser Koalitionspartner diesem Vorhaben ablehnend gegenübersteht.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Schaaf