Frage an Anton Schaaf von Torsten G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schaaf,
Ihre Antwort vom 19.4.13 irritiert mich:
- durch das "Rettungspaket" für Zypern wird im Wesentlichen sichergestellt, dass die Investoren ihr Geld nicht verlieren.
- Neben den europäischen Steuerzahlern werden vor allem zypriotische Bankkunden zur Kasse gebeten, die für die Situation in keinster Weise verantwortlich sind: Firmen können die Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht mehr auszahlen, Menschen werden die Ersparnisse genommen.
In keinster Weise wurde von der SPD über das Naheliegendste nachgedacht: Die betroffenen Banken einfach pleite gehen zu lassen. In diesem Fall wären die Geschädigten die Investoren, die ihr Geld wegen der vergleichsweisen hohen Zinsen dort angelegt haben. Viel Gewinn - viel Wagnis!
Sie haben sicherlich im Sinn, "den Euro zu retten": Durch eine Pleite einer Bank sollen nicht weitere "angesteckt" werden (Domino-Effekt).
Der Bundestag hat jetzt ein "Rettungspaket" von 10 Mrd EUR beschlossen.
Zum Vergleich: http://www.wz-newsline.de/home/wirtschaft/europas-groesste-bank-hsbc-macht-15-milliarden-dollar-gewinn-1.1256261 berichtet, dass eine einzige Bank (HSBC) alleine 15 Mrd. GEWINN gemacht hat.
Meine Fragen an Sie:
- sind Sie wirklich der Ansicht, dass, wenn man die Banken einfach hätte pleite gehen lassen, die Banken der EU eine nach der anderen umgefallen wären?
- haben Sie diese Möglichkeit überhaupt erörtert? Oder ist die Banken-Rettung "alternativlos"?
- Wann werden Sie Ihren Wählern berichten, dass höhere Belastungen auf sie zukommen? Deutschlands Rating wurde aufgrund der Unterstützungszahlen für kriselnde Banken bereits gesenkt: http://www.wiwo.de/economy-business-und-finance-kleine-ratingagentur-egan-jones-stuft-deutschland-ab/8084522.html
Ich bedanke mich sehr für Ihre Antwort und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr Torsten Gerdes
Sehr geehrter Herr Gerdes,
am 22. April hat der Deutsche Bundestag mitgroßer Mehrheit grünes Licht für die Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM für Zypern gegeben.Vorausgegangen war eine monatelange Debatte über ein Hilfsprogramm, bei dem sich dieSPD-Faktion in vielen Punkten erfolgreich durchsetzenkonnte.
Bereits zu Beginn des Entscheidungsprozesseshatte die SPD-Fraktion klare Bedingungen für eine Zustimmung gestellt: Der völlig überdimensionierteBankensektor des Landes muss deutlich geschrumpft, die Geldwäsche nachprüfbar bekämpftund die Einnahmeseite des zyprischen Staates gestärktwerden.
Kurzum, das auf Steuerdumpingund laxen Vorschriften beruhende zyprische Geschäftsmodellmuss ein Ende haben.
Diese Bedingungen wurden durch das zur Abstimmungvorliegende Rettungsprogramm erfüllt.
Zum ersten Mal werden auch in großem Umfangdie Hauptverursacher der Krise und Profiteure des zyprischen Finanzplatzes, nämlich die Aktionäreund vermögenden Einleger der Banken, an den Rettungskosten beteiligt. Damit wird der europäischeund deutsche Steuerzahler geschont, was wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokratenschon lange vehement gefordert haben.
Die zweitgrößte Bank des Landes „LAIKI“ wirddazu abgewickelt. Der Marktführer „Bank of Cyprus“ wird umstrukturiert und sein gesamtes ausländischesFilialnetz abgeben müssen. Spareinlagen unter 100.000 Euro bleiben bei allen Bankendes Landes unangetastet.
Zum ersten Mal ist es gelungen, durch europäischenDruck einen Steuersatz in einem Mitgliedsland zu erhöhen. Auch wenn wir uns eine stärkereErhöhung der Unternehmenssteuer gewünscht hätten, so ist die Anhebung auf 12,5 Prozent einerster Schritt in die richtige Richtung. Die Quellensteuerauf Zinserträge wird ebenfalls erhöht.
Die Überprüfung der Anti-Geldwäsche-Standardsin der praktischen Umsetzung wird durch Experten des Europarates und ein renommiertes Wirtschaftsprüfungsinstitutdurchgeführt.
Unsere Zustimmung zu konkreter Hilfe für Zypernist aber mitnichten eine Zustimmung zum verheerenden Krisenmanagement der schwarzgelbenBundesregierung. Die erste Einigung der Eurogruppe, die vorsah, auch Spareinlagen unter100.000 Euro heranzuziehen, war für uns Sozialdemokratinnenund Sozialdemokraten völlig inakzeptabel.Mit Zustimmung von Frau Merkel undHerrn Schäuble wurde damit ein verhängnisvollerTabubruch begangen, der viel Vertrauen auch beideutschen Sparern zerstört hat. Mit dem Vorhaben,auch Kleinsparer an der Bankenrettung zu beteiligen, hat Finanzminister Schäuble Angstund Verunsicherung in Europa verbreitet. Dafür trägt allein die schwarz-gelbe Bundesregierungdie Verantwortung.
Auch den Kampf gegen Steueroasen und Steuerdumpinghat sie sträflich vernachlässigt.
BundeskanzlerinMerkel hat vier Jahre ungenutztverstreichen lassen, obwohl unter Finanzminister Peer Steinbrück bereits wichtige Schritte unternommenwurden. Die SPD hat mit der „BraunschweigerErklärung“ schon im Januar konkreteKonzepte gegen Steuerbetrug und Steuerflucht vorgelegt. Mit einem Acht-Punkte-Plan hat PeerSteinbrück am 8. April nachgelegt. Härtere Strafenbis zu einem Lizenzentzug für Banken, die Kundenbeim Steuerbetrug helfen, vollständige Transparenzund Verbot anonymer Briefkasten- undScheinfirmen sind wichtige Bestandteile diesesweitgehenden Plans.
Gleichzeitig mahnt die SPD-Fraktion seit langerZeit an, den notwendigen Einsparungen und Strukturreformen in den Krisenländern auch einProgramm für Wachstum und Beschäftigung an die Seite zu stellen. Das erwarten wir auch jetztim Fall von Zypern. Es ist nicht hinnehmbar, wenn in elf Ländern die Jugendarbeitslosigkeit über 25Prozent und in zwei Ländern sogar deutlich über 50 Prozent liegt. Eine verlorene Generation, diesich enttäuscht von Europa abwendet, können und dürfen wir uns nicht leisten. Doch auch hierversagt die schwarz-gelbe Bundesregierung auf ganzer Linie.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Schaaf