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Frage von Christa G. •

Frage an Anton Schaaf von Christa G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schaaf,

die aktuelle Veröffentlichung einer EZB-Studie über die Vermögensverhältnisse in den einzelnen Euro-Ländern zeigt Deutschland am Ende der Skala mit dem geringsten mittleren Einkommen und dem drittgeringsten Durchschnittseinkommen. Zypern liegt bei beiden Berechnungsmethoden an 2. Stelle hinter Luxemburg. Zufälligerweise (?) wurden die Ergebnisse dieser Studie erst nach Beschluss des Zypern-Hilfspaket veröffentlicht.

Werden Sie als Mitglied der Opposition im Deutschen Bundestag im Hinblick auf diese Ergebnisse gegen das 10 Mrd.-Rettungspaket (dt. Anteil: ca. 27%) stimmen, da Zypern offensichtlich vermögend genug ist, sich selbst zu helfen?

Ihr Vorsitzender Herr Gabriel empörte sich über die zunächst angedachte Belastung der Kleinsparer Zyperns, die einen Zweijahres-Zinsertrag ihrer mit 4% verzinsten Einlagen verloren hätten. Dass der deutsche Kleinsparer mit 1% Zinsertrag faktisch enteignet wird, schien ihn nicht sonderlich zu bekümmern.

Besteht in der SPD eine realistische Chance, dass die vergleichweise schlechte Vermögenssituation deutscher Bürger in der Eurozone im Bundestag thematisiert wird im Lichte der horrenden Hilfsverpflichtungen Deutschlands?

Oder bleibt - wieder einmal - nur die trostlose Erkenntnis, dass die Lage der eigenen Bevölkerung vor dem Hintergrund der alternativlosen Eurorettung für die politische Klasse nicht systemrelevant genug ist?

Mit freundlichen Grüßen
Christa Gogolok

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Antwort von
SPD

Sehr Geehrte Frau Gogolok,

leider ist durch die Entwicklung in Zypern auch die Schuldenkrise zurückgekehrt. Zypern steht vor dem Bankrott. Wird es zu retten sein? Das Land ist zwar größtenteils selbst Schuld, weil sein (Banken-)Modell nicht funktioniert hat, aber die Verhaltensweise der schwarz-gelben Bundesregierung hat stark zu der dramatischen Entwicklung beigetragen. Natürlich müssen die Profiteure des zyprischen Bankensystems an den Kosten beteiligt werden, aber dass Frau Merkel und Herr Schäuble er zugelassen haben, dass Kleinsparer geradezu enteignet werden sollten, ist unfassbar.

Mittlerweile wurde mit Zypern ein Verhandlungsergebnis erreicht, das - nach ersten uns vorliegenden Informationen - die von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble zuvor gemachten schweren politischen Fehler korrigiert.

Es entspricht jetzt in wesentlichen Punkten dem, was die SPD gefordert hat.

Zypern erhält von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfond ein finanzielles Rettungspaket über zehn Milliarden Euro. Die Bedingung lautet, dass Zypern einen finanziellen Anteil selbst beisteuert, um die Schulden zu reduzieren. Die Banken und die Großverdiener am zyprischen Geschäftsmodell werden nun an der Rettung Zyperns beteiligt, ohne dass die kleinen Sparguthaben herangezogen werden und die Einlagensicherung in Frage gestellt wird. Die zweitgrößte Bank des Landes wird vollständig abgewickelt. Der Bankensektor insgesamt muss im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf ein Normalmaß schrumpfen. Außerdem verpflichtet sich Zypern, Geldwäsche zu bekämpfen und sowohl die Körperschaftssteuer wie die Kapitalertragssteuer anzuheben, um damit die eigene Einnahmesituation zu verbessern. Ein Manko bleibt, dass zur Unterstützung einer Finanztransaktionssteuer keine Aussagen getroffen worden sind.

Dieses Ergebnis hätte bereits vor einer Woche erzielt werden können. Leider ist nicht nur viel Zeit, sondern vor allem viel Vertrauen verloren gegangen. Dafür tragen Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble erhebliche Mitverantwortung. Europa ist in eine äußerst kritische Lage geraten. Es besteht die reale Gefahr, dass sich die Menschen von der europäischen Integration abwenden. Längst geht es nicht mehr nur um eine Fiskalkrise im Euroraum. Wir sind durch politisches Versagen auch der Regierung Merkel in eine Legitimationskrise der Europäischen Union geraten. Darüber werden wir zu beraten haben.

Mit freundlichen Grüßen

Anton Schaaf