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Frage von Michael M. •

Frage an Anton Schaaf von Michael M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schaaf.

Darf ich Sie fragen, ob eigentlich nicht der ESM, sondern das bestehende Konstrukt EZB der eigentlich verfassungswidrige Sachverhalt hinsichtlich parlamentarischer Budgethoheit ist? Die EZB schmeißt mit dem Geld seiner Mitgliedsstaaten nur so um sich (= Eurobond mit gemeinschaftlicher Haftung, nur ohne Vetorecht, da klingt der ESM ja geradezu wie ein Geschenk, zumindest solange (!) er noch keine Banklizenz hat; wishful thinking), mit erschreckend steigender Tendenz. Die Budgethoheit darf gem. BVG niemandem ausserhalb des Parlaments übertragen werden, insb. keiner europäischen Institution (=EZB). Die Risiken, die durch die Kreditvergabe der EZB entstehen, stellen gravierende Haftungsrisiken für die BuBa dar, und damit für den Steuerzahler (egal, ob als Verlustvortrag verbucht oder durch Eigenkapitalzuführung).
Ich möchte darauf hinweisen, dass spanische Banken (denen kein normaler Mensch Geld leihen würde) bei der EZB Kredite i.H.v. EUR 400 Mrd, italienische knapp 300 Mrd, franzöische 180 Mrd. (sie sehen, auch F steht vor dem Kollaps, schauen Sie sich auch die Target Salden von F an) etc. aufgenommen haben (sog. LTRO). Bei stets sinkenden Anforderungen an die Sicherheiten (bzw. Staatsanleihen). Dazu kommen die Target Salden, die angekauften Anleihen (sog. SMP). Unser Anteil: 27% Risikoübernahme (mindestens; höher, wenn Staaten ausfallen), Budgetrecht, adé!

"Draghi prepared the Germans for more risk sharing when he wrote: ‚Yet it should be understood that fulfilling our mandate sometimes requires us to go beyond standard monetary policy tools…"

Wie stehen Sie und Ihre Partei zu dieser offensichtlich verfassungswidrigen Verallgemeinschaftung von Schulden, bzw. warum thematisieren Sie diese Thema nicht? Ich habe zu diesem Thema eine Petition eingereicht und schrecke derzeit noch vor einer Verfassungsbeschwerde zurück.

Vielen Dank, Michael Mältzer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mältzer,

vielen Dank für Ihre Frage zur ESM vom 31.8.2012.

Der ESM ist als dauerhafter Rettungsschirm in der Lage, in Krisenzeiten den Staaten zu helfen, die an den Märkten in Not geraten. Das ist uns wichtig, denn der ESM soll keine Staatsfinanzierung auf Dauer betreiben noch Risiken vergemeinschaften. Er soll in der Not helfen. Der ESM verfügt als internationale Finanzinstitution über eigene Mittel, die er zu strengen Bedingungen und Auflagen als Darlehen im Rahmen von Hilfsprogrammen, sog. Finanzfazilitäten, vergeben kann. Verantwortlich bleiben die Staaten, die diese Finanzhilfen erhalten. Sie müssen sie mit Zinsen zurückzahlen.

In der vergangenen Woche hat EZB-Präsident Mario Draghi bekannt gegeben, dass die Zentralbank ohne Limit Staatsanleihen kaufen werde, um die Kosten der Refinanzierung von Ländern wie Spanien oder Italien zu senken. Auch hier muss die Zustimmung des Deutschen Bundestages eingeholt werden. Denn hier geht es um mögliche finanzielle Belastungen unseres Landes, sonst ist die Bundesregierung gezwungen, in Brüssel abzulehnen. Wenn die Finanzmittel oder das Kapital des ESM erhöht werden sollen, bedarf es sogar vorher eines Bundesgesetzes: Gemäß Art. 2 des deutschen Ratifizierungsgesetzes zum ESM muss der Bundesfinanzminister durch Bundesgesetz ermächtigt werden, einer Kapitalerhöhung, aber auch einem neuen ESM-Instrument nach Art. 19 des ESM-Vertrages zuzustimmen. Die haushalterische Gesamtverantwortung des Parlaments, die das Bundesverfassungsgericht zu Recht stets betont, fordert unserer Auffassung nach, dass der Deutsche Bundestag stets zu beteiligen ist und die Verantwortung für die Verwendung der ESM-Gelder gerade nicht allein beim Gouverneursrat, dem Direktorium oder der Bundesregierung liegt.

Die Europapolitik von Bundeskanzlerin Merkel fußt auf einem Wählerbetrug von beispiellosen Dimensionen. Während sie öffentlich vor einer „Vergemeinschaftung“ von Schulden warnt, lädt sie hinterrücks die Verantwortung für den Bestand des Euro bei der Europäischen Zentralbank ab. In ihren Regierungserklärungen vor dem Deutschen Bundestag hat Frau Merkel in diesem Jahr viele Erklärungen abgegeben, die EZB aber hat sie - sehr bewusst - mit keinem Wort erwähnt. Denn die EZB, für die alle Euroländer einstehen und für die der deutsche Steuerzahler zu fast einem Drittel haftet, soll jetzt durch den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen eine Pleite der Krisenländer abwenden. Das ist Merkels Schuldenunion - heimlich, durch die Hintertür und außerhalb parlamentarischer Kontrolle.

Die SPD-Fraktion hat klargestellt, dass es für Banken, Bankeigentümer und Finanzakteure keine bedingungslose Rettung mit dem Geld der Steuerzahler mehr geben darf. Wir streiten um das notwendige Maß der parlamentarischen Kontrolle. Dies sind grundlegende Fragen unserer Demokratie, die uns seit Monaten im Bundestag beschäftigen. Immer wieder mussten wir BK Merkel auffordern, das Parlament rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Mehrfach hat die Bundesregierung gegen dieses Gebot verstoßen und musste vom Bundesverfassungsgericht zur Ordnung gerufen werden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir mit großer Spannung das Urteil des höchsten Gerichts zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der 12. September wird ein wichtiger Tag für Europa sein.

Mit freundlichen Grüßen

Anton Schaaf