Frage an Anton Schaaf von Ralf P. bezüglich Finanzen
Der Entwurf für den Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ist von Ihnen zur Kenntnis genommen worden. Der Vertrag stellt m.E. ein Ermächtigungsgesetz zur faktischen Abschaffung weitreichender und grundlegender demokratischer Befugnisse der Euro-Länder dar. Die Einrichtung soll quasi als Bank agieren dürfen und dann auch von der EZB Geld leihen können. In Wahrheit ist das natürlich nichts anderes als die Umgehung des Staatsfinanzierungsverbots aus der Notenpresse.Der ESM begründet wesentliche Einschränkungen unserer staatlichen Souveränität, die Budgethoheit des Parlaments ist beendet.
1. Das Grundkapital des ESM beträgt € 700 Mrd (Art. 8 Abs. 1). Gemäß Abs. 4 verpflichten sich die ESM-Mitglieder sich bedingungslos und unwiderruflich, ihre Einlage auf das Grundkapital zu leisten. Dem Wortlaut nach sind damit auch zukünftige Regierungen gebunden.
2. Nach Art. 10 Abs. 1 kann der „Gouverneursrat“ Änderungen des Grundkapitals beschliessen. Was nichts anderes heisst, als das über die € 700 Mrd hinaus „bedingungslos und unwiderruflich“ weitere Einlagen zu leisten wären, fiele ein solcher Beschluss.
3. Damit nicht genug, gem. Art. 17 Abs. 1 ist der ESM ermächtigt, Kredite aufzunehmen.Eine parlamentarische Kontrolle ist nicht vorgesehen.
4. Dass alles mit rechten Dingen zugeht, gewährleistet Art. 25 „Die Prüfung der Rechnungsführung des ESM erfolgt durch unabhängige externe Prüfer, die vom Gouverneursrat bestätigt werden.“ Eine gelungene Garantie für Unabhängigkeit, wenn der zu Prüfende ich seinen Prüfer selber aussuchen darf.
5. Durch die Immunitätsregeln (Art. 27 und 30) sind das Konstrukt ESM und dessen Organe jeglicher gerichtlicher und parlamentarischer Kontrolle vollständig entzogen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Ihre Abgeordnetenrechte ( und die Ihrer Nachfolger ) an Bank- Bürokraten in Brüssel abgeben wollen und Frage daher: Wie gehen Sie persönlich und wie geht Ihre Partei mit dem ESM und damit mit unser aller Zukunft um ?
Sehr geehrter Herr Passing,
Sie fragen mich, wie ich zum Europäischen Stabilitätsmechanismus stehe. Ich teile die Position meiner Fraktionskollegen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ein notwendiger Schritt ist, der aber nicht weit genug geht. Die vorgesehene Beteiligung privater Gläubiger ist vage und unzureichend. Eine angemessene Beteiligung der Gläubiger aus SPD-Sicht ist eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Stabilisierung der europäischen Finanzarchitektur. Es muss sichergestellt sein, dass der Zusammenhang von Risiko, Gewinn und Haftung nicht auf Kosten der europäischen Steuerzahler auseinander dividiert wird.
Außerdem muss die Etablierung des ESM parlamentarischer Kontrolle durch den Bundestag und Bundesrat unterliegen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat hierzu aber klare Vorstellungen geäußert, die wir durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt sehen.
Ein klarer Kurs der Bundesregierung fehlt. Zudem ist der Deutsche Bundestag bislang formell und inhaltlich völlig unzureichend eingebunden. Ernsthaften Debatten über die Ziele und die Ausgestaltung von mehr wirtschaftspolitischer Koordinierung hat sich die Bundesregierung immer wieder verweigert.
Eine nachhaltige Bewältigung der Krise kann nur gelingen, wenn allen Risikofaktoren mit umfassenden Maßnahmen begegnet wird. Unseren Vorschlägen hat die Regierungskoalition ihre Zustimmung im Parlament jedoch verweigert.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Schaaf