Frage an Anton Schaaf von Norbert T. bezüglich Recht
Sehr geehrter Schaaf,
erlauben Sie mir noch ein Nachfrage. Nach einer Meldung von AFP, die hier nachzulesen ist: http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hTngECj7FoPfedBJMc51CoFsR9Vg
scheint es nun ja doch so zu sein, dass die Überlegungen zu den geplanten Internetsperren trotz des offensichtlichen breiten Widerspruchs nun doch auf andere Bereiche der Strafverfolgung oder Prävention ausgedehnt werden sollen.
Spannend finde ich hierbei insbesondere, dass der Kollege Wiefelspütz (ein Richter a.D.) dies so offen anmeldet. Seiner Meinung nach sollen auch islamistische Seiten gesperrt werden. Für mich scheint an diesem Punkt klar, dass es sehr bald doch um die Unterdrückung missliebiger Informationen gehen wird. Eine gesunde Demokratie lebt aber von der Diskussion und kritischen Hinterfragung anderer Positionen.
In der laufenden Petition beim Deutschen Bundestag werden genau diese Befürchtungen immer wieder geäußert.
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=3860
Daher erlaube ich mir die folgenden Fragen:
Steht die Aussage von Herrn Wiefelspütz nicht in krassem Widerspruch zu den immer wieder abgegebenen Beteuerungen der meisten Abgeordneten?
Geht es eine Prävention oder um Strafverfolgung?
Um welche Delikte geht es nach Ihrer Kenntnis?
Wie hat sich nach der Anhörung im Ausschuss zum Thema Ihre Meinung verändert oder gefestigt?
Schöne Grüße
Sehr geehrter Herr Tuschen,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zum Telemediengesetz.
Die SPD hat sich in den letzten Wochen umfassend mit diesem Thema beschäftigt und dazu auch eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Die öffentliche Anhörung zum Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz hat die Erwartung der SPD-Bundestagsfraktion bestätigt, dass der Gesetzentwurf in wesentlichen Punkten nachgebessert werden muss, um zustimmungsfähig zu sein. Der dritte Punkt dürfte für Sie dabei besonders interessant sein.
Neben weiteren Punkten haben wir innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion über wichtige Änderungsforderungen bereits Einigkeit erzielt:
1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips:
Das BKA soll bei Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verpflichtet werden, zunächst die Host-Provider zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden. Erst wenn das erfolglos bleibt, soll die Seite auf die Sperrliste gesetzt werden dürfen.
2. Richterliche Überprüfung:
Betroffene Seiten-Anbieter und Host-Provider sollen eine Benachrichtigung und eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Aufnahme auf die Sperrliste erhalten. Im Fall des Widerspruchs soll eine richterliche Kontrolle stattfinden, sofern das BKA die Sperrung fortführen will.
3. Datenschutz:
Da das Gesetz der Prävention dient, sollen Daten, die bei der Sperrung und der einzurichtenden Stoppseite anfallen, nicht zum Zwecke der Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Seitens des BKA wurde in der Anhörung bestätigt, dass die anfallenden Daten nicht benötigt werden.
4. Spezialgesetzliche Regelung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie beabsichtigt ist, nicht jedoch von anderen Inhalten, fordern wir ein Spezialgesetz statt der bislang vorgesehenen Regelung im Telemediengesetz. Dies würde auch der systematischen Klarheit dienen. Wir haben unsere Forderungen inzwischen an die Unionsfraktion herangetragen und werden in den weiteren Verhandlungen auf deren Umsetzung drängen.
Mit unseren Kernforderungen greifen wir die wesentlichen Kritikpunkte der Experten auf, die sich aus der gestrigen Anhörung ergeben haben. Zudem tragen wir Bedenken Rechnung, die in den vergangenen Wochen intensiv innerhalb der Internet-Community diskutiert wurden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat von Beginn an deutlich gemacht, dass wir nur eine gesetzliche Regelung auf klarer rechtsstaatlicher Grundlage mittragen werden.
Bei unserem entschiedenen Einsatz gegen Kinderpornografie ist uns zudem wichtig, die Internet-Community aktiv mit einzubinden. Deshalb haben wir in den vergangenen Tagen mit einigen Vertreterinnen und Vertretern aus diesem Bereich Gespräche geführt. So haben sich Vertreter der SPD-Fraktion und des SPD-Parteivorstandes mit dem Chaos Computer Club (CCC) sowie Frau Franziska Heine getroffen, die eine kritische Petition eingebracht hat, der sich inzwischen mehr als 100.000 Internetnutzer angeschlossen haben. Die SPD nimmt deren Bedenken und Anregungen sehr ernst. Der wichtige Kampf gegen kinderpornografische Inhalte im Internet wird umso erfolgreicher sein, wenn es gelingt, Unterstützung aus der Community zu gewinnen.
Zu unserer Forderung, dass die Sperren nicht zur Strafverfolgung genutzt werden sollen, hat die CDU bereits Einverständnis signalisiert. Auch die Polizei ist an den Daten nicht interessiert. So sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen: "Wenn die Landespolizisten jeden Monat 100.000 IP-Adressen erhalten, um zu prüfen, ob hier wirklich eine Straftat geplant war, dann können wir unsere sonstige Arbeit einstellen." Bis zum voraussichtlichen Beschluss des Gesetzesentwurfes Mitte Juni wird es in dieser und anderen Fragen weitere Beratungen geben.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Schaaf