Frage an Antje Tillmann von Björn O. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich in diesem Forum die Zeit nehmen, Bürgeranfragen konkret und - wie ich sehe, mit großem Aufwand - zu beantworten.
Meine Fragen beziehen sich auf einen (leider vertanen?) Schritt der Föderalismusreform I:
Aus welchen sachlichen Gründen hat man es unterlassen, die Zahl der Bundesländer zu reduzieren, v. a. die der Stadtstaaten und Kleinstländer?
Was setzen Sie den Argumenten von Min. Bullerjahn aus Sachsen-Anhalt entgegen, der vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in den neuen Ländern, der Verschuldung, des Auslaufens des Soli-Beitrages und der EU-Fördermittel für die Länderfusion mit Thüringen und Sachsen wirbt - Maßnahmen, die erweislich zu einer erheblichen Verschlankung der Verwaltung und damit zu ein Kostenabbau führen würden? Ich bin bestimmt kein SPD-Fan, aber ich meine, da hat der Mann einfach Recht.
Das Beharrungsvermögen der Verwaltung am Status Quo oder die Angst einzelner politischer Mandatsträger vor Ämterverlust können doch kein Grund sein, diese wichtige Weichenstellung für die Zukunft zumindest sehr langfristig einzutüten?
Es ist doch kein Zufall, dass im Bundesvergleich die großen Flächenländer Bayern, Baden-Württemberg, NRW finanziell und wirtschaftich gut stehen, während die kleinen Länder, z.B. Berlin, Saarland, Schleswig-Holstein auf deren Unterstützung angewiesen sind!
Und Sie als gebürtige Düsseldorferin können doch sicher bestätigen, dass die Fusion von Lippe, Westfalen und dem Rheinland in einem Bundesland eine Erfolgsgeschichte war, die zu Vielem geführt hat, aber nicht zu einem Identitätsverlust der Rheinländer oder Westfalen (geschweige denn der Lipper)?
Ich halte dieses Maßnahme für zu wichtig, als dass man hier vor den auch auf den eigenen Vorteil und die eigenen Pfründe schielenden Kleinstaatern einknicken sollte. In meinem Bekanntenkreis hat - auch bei CDU-Anhängern - keiner Verständnis für die Angst der Politik vor diesem wirklich großen Wurf.
Sehr geehrter Herr Ohlendorf,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Föderalismusreform, die mich sehr gefreut hat, da sie zeigt, dass sich die Menschen durchaus für das etwas abstrakte Thema „Föderalismusreform“ interessieren.
Der Komplex „Länderfusionen“ steht naturgemäß seit Jahren immer wieder auf der Tagesordnung. Er ist vielleicht sogar derjenige, der am schwierigsten zu bewältigen ist. Sie haben Recht, Nordrhein-Westfalen war ein Beispiel einer erfolgreichen Länderfusion, Baden-Württemberg war es im Übrigen auch. Die Fusion von Berlin und Brandenburg ist letztlich an der Volksabstimmung im Lande Brandenburg gescheitert, obwohl die politischen Parteien sich überwiegend für diese Länderfusion ausgesprochen hatten.
Vor diesem Hintergrund müssen sich die Mitglieder der Föderalismuskommission genau überlegen, was sie leisten können, um sinnvolle Länderfusionen zu fördern.
Ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass die reichlich komplizierten Voraussetzungen für eine Länderfusion, die Artikel 29 GG vorschreibt, deutlich reduziert und vor allen Dingen vereinfacht werden. Die CDU/CSU-Fraktion, und die Bundesregierung wollen in der Föderalismusreform II künftige Länderfusionen erleichtern. Ob dieses Vorhaben im Bundesrat auch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit findet, ist noch nicht absehbar. Immerhin haben sich bereits Ministerpräsidenten dafür ausgesprochen, Länderfusionen zu erleichtern. Die Entscheidung zu einer Länderfusion kann aber nicht getroffen werden, wenn die Bevölkerung in den betroffenen Ländern oder Landesteilen sie nicht will.
Wenn konkrete Länderfusionen zur Diskussion gestellt werden, wird die Sache erfahrungsgemäß besonders schwierig, wie das erwähnte Beispiel Berlin-Brandenburg zeigt. Fusionskandidaten sind natürlich Bremen und das Saarland, aber auch anderenorts stellt sich die Frage, ob eine Fusion nicht sinnvoll wäre. Zu Recht stellen Sie die Frage, ob es in Mitteldeutschland nicht vorteilhaft wäre, eine Länderfusion zu wagen.
Welches Land im Einzelnen wie fusionieren will, kann die Föderalismuskommission II nicht entscheiden, jedoch kann es die Hürden dafür senken. Ich bin beispielsweise dafür, die Unterstützung bestimmter Länder im Finanzausgleich durch das Instrument „Kosten der politischen Führung“ ganz abzuschaffen, weil man damit nur den Erhalt von eigenen Landesregierungen subventioniert. Diese Mittel könnten für die in Aussicht gestellten „Konsolidierungshilfen“ für jene Länder eingesetzt werden, die den Haushaltsausgleich voraussichtlich nicht aus eigener Kraft schaffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann