Frage an Antje Tillmann von Kai K. bezüglich Verbraucherschutz
Lieber Frau Tillmann,
ich möchte Sie bitten, sich für die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel einzusetzen, notfalls als deutscher Alleingang.
In Großbritannien gibt es die Ampel-Kennzeichnung schon: Die Farben Rot ("nur ab und zu essen"), Gelb und Grün ("eine gesunde Wahl") ermöglichen den Verbrauchern beim Einkauf einen schnellen Vergleich.
Die vier wichtigsten gesundheits-kritischen Inhaltsstoffe sind jeweils einzeln durch die jeweilige Ampelfarbe gekennzeichnet: Fett, gesättigte Fettsäuren (incl. Transfettsäuren), Zucker und Salz.
Die Pläne Ihres Kollegen Horst Seehofer und der EU-Kommission sehen stattdessen vor, auf den Verpackungen verwirrende Zahlenangaben ohne Vergleichsmöglichkeiten abzudrucken. Damit stehen sie ganz im Dienste der Lebensmittelindustrie, die so die tatsächlichen Gehalte der Nährstoffe verschleiern will.
Es spricht sicherlich nichts gegen eine transparente und detaillierte Kennzeichnung.
Unabhängig davon sollte aber für den eiligen oder nur wenig sachverständigen Konsumenten sowie für Kinder die einfache, plakative Ampel-Kennzeichnung in jedem Fall vorgesehen werden.
Nur sie liefert auf einen Blick die relevanten Informationen zur evtl. gesundheitlichen Bedenklichkeit eines Produktes.
Wie stehen Sie dazu?
Herzliche Grüße,
Kai Kemmann
Sehr geehrter Herr Kemmann,
in einem Punkt sind sich alle einig: Wir brauchen eine Stärkung der Verbraucherinformation beim Einkauf von Lebensmitteln durch klare und verständliche Kennzeichnung auf den Verpackungen, und durch Angabe der Gesamtkalorien auf der Vorderseite. Denn nicht zuletzt die Diskussion um Übergewicht und mangelnde Bewegung, insbesondere bei Kindern, hat gezeigt, dass das Wissen über Nahrungsmittel sowie auch die Informationen über die relevanten Inhaltsstoffe von Lebensmitteln einfach und verständlich sein müssen.
Dabei sehen wir die so genannte Ampelkennzeichnung allerdings nicht als geeignetes Mittel an. Im Verkehrsbereich mag sie hilfreich sein, aber zur Einteilung von Lebensmittel in „gute“ und „schlechte“ ist sie der falsche Weg und nicht die richtige Antwort für einen ausgewogenen, selbstbestimmten Lebensstil. Der Verbraucher braucht klare, nachvollziehbare Informationen, keine Fernsteuerung. Die Zahlen belegen dies: Nur vereinzelt wird die Ampelkennzeichnung in Großbritannien verwendet, von einer flächendeckend erfolgreichen Vermarktung kann also nicht die Rede sein. Vielmehr ziehen britische Supermärkte die Ampelkennzeichnung sogar zurück, denn die englische Bevölkerung hat trotz dieser Kennzeichnung stärker mit Übergewicht zu kämpfen als je zuvor. Jede Symbolik ist überflüssig, solange die Menschen sie nicht verstehen und nichts darüber wissen. Was wir brauchen, ist eine Verbraucherbildung im Ernährungsbereich. Wenn in vielen Familien das gemeinsame Essen kaum eine Rolle spielt, Zubereitung von Nahrungsmitteln ein Fremdwort ist, stattdessen fast ausschließlich auf Fertiggerichte zurückgegriffen wird und Heranwachsende Gemüsesorten nicht mehr kennen, dann liegt das Problem der Fehlernährung woanders, nämlich im fehlenden Wissen.
Eine Kennzeichnung kann letztlich nur eine zusätzliche Hilfestellung sein. Wir begrüßen deshalb die Ankündigung des Bundesernährungsministers Seehofer, in den nächsten drei Jahren flächendeckend die zentralen Informationen auf der Packung anzugeben. Wichtig ist ein einheitliches System mit leicht verständlichen Angaben. Dabei ist die Angabe des Brennwertes in Bezug auf die Portion und bezogen auf die empfohlene Tagesration auf der Vorderseite der Packung elementar. Auch die Lebensmittelwirtschaft ist jetzt gefragt. Jeder sollte zumindest den Kaloriengehalt auf der Vorderseite der Verpackung in gleichem Logo auszeichnen. Das erleichtert die Vergleich- und Erkennbarkeit. Dies hätte sicher auch eine bessere Zusammensetzung von Produkten, mit weniger Kaloriengehalt, zur Folge.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann
Sehr geehrter Herr Kemmann,
ich freue mich, Ihnen sagen zu können, dass Ihre Argumente unsere Fachpolitiker doch überzeugt haben:
Erweiterte Nährwertinformationen über Lebensmittel sind ein Schwerpunkt der Eckpunkte des Nationalen Aktionsplanes zur Prävention von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten, die das Bundeskabinett am 9. Mai 2007 beschlossen hat.. Die Elemente der erweiterten Nährwertinformation nach dem so genannten "1 plus 4"-Modell sind der Energiegehalt (Brennwert) sowie die Gehalte an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. Diese Angaben, bezogen auf die Portion, sollen in der Regel in einheitlichen und wieder erkennbaren Symbolen auf Lebensmittelverpackungen und Lebensmitteletiketten an prominenten Stellen erfolgen. Dabei soll mindestens der Energiewert auf der Schauseite des Etiketts angegeben werden.
Eine im Auftrag des Bundesverbraucherschutzministeriums durchgeführte Meinungsumfrage hat ergeben, dass das "1 plus 4"-Modell der Bundesregierung eine große Mehrheit der Deutschen überzeugt. Mehr als 80% der Deutschen beurteilten die Darstellung als informativ, verständlich und übersichtlich. Zwei Drittel gaben an, dass sie das Modell beim Lebensmitteleinkauf nutzen würden. 55 Prozent der Befragten würden sich von der farblichen Gestaltung des Modells mit den Farben rot, gelb und grün, die für hohe, mittlere und niedrige Gehalte stehen, beim Einkauf leiten lassen. Bundesminister Horst Seehofer will sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass ein einheitliches Modell auf der Grundlage des "1 plus 4"-Modells, bei dem bei bestimmten zusammengesetzten Lebensmitteln, bei denen dies sinnvoll ist, die Angaben mit den Ampelfarben farblich unterlegt sind, etabliert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann MdB