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Antje Tillmann
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Frage von Jan S. •

Frage an Antje Tillmann von Jan S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tillmann,

in Ihrem Beitrag zur heutigen Bundestagssitzung proklamierten Sie (sinngemäß) die Idee, die Senkung der Mehrwertsteuer sei bei der Bevölkerung, insbesondere den finanziell Schwächeren, tatsächlich angekommen.

Ich habe für mich (als interessierter Student) dokumentiert, wieviel ich seit der Senkung tatsächlich dadurch gespart habe, was kumuliert rund 150€ bis zum 31.12.2020 ergab. Damit liege ich wahrscheinlich irgendwo unter dem Durchschnitt.

Mein Nachbar hat sich im Oktober einen Neuwagen gekauft, mir im Vertrauen den Preis verraten und sich allein in diesem Monat über einen erlassenen Betrag freuen dürfen, der mein kumuliertes „Ersparnis“ um dessen nahezu 10fache übersteigt.

Nicht, dass ich es ihm nicht gönnen würde, im Gegenteil! Der Mann ist alt und brauchte ein neues Auto, ich freue mich riesig für ihn.

Dieses kleine Szenario signalisiert mir jedoch, in welchem Verhältnis die MWSt-Senkung den Besser- bzw. Schlechterverdienenden zugutekommen sein könnte.

Wie kommen Sie auf die Idee, insbesondere finanziell ärmere Bürger hätten von genau dieser Maßnahme profitiert?

Und wäre eine Art Stimulus mit Gleichheitsgrundsatz nicht gerechter gewesen? Die Rechnung, 20 Milliarden auf die Köpfe in der Gesellschaft aufzuteilen, spare ich mir an der Stelle.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen, wünsche Ihnen viel Gesundheit für das neue Jahr und hoffe, dass Sie meine „Milchmädchenrechnung der Ungerechtigkeit“ vielleicht korrigieren und auf meine Fragen antworten könnten.

Vielen Dank für Ihre Zeit,
J. S.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich finde, 150 Euro für zusätzlichen Konsum oder zum Sparen sind viel Geld. Erst recht gilt das für eine Familie, die ihren Lebensunterhalt mit ALG II-Leistungen bestreiten muss und ihr gesamtes zur Verfügung stehendes Geld für den Konsum ausgibt bzw. ausgeben muss.

Da Menschen mit einem geringen zur Verfügung stehenden Einkommen prozentual betrachtet mehr in den Konsum stecken als Personen mit höheren Einkommen, ist die Mehrwertsteuersenkung dieser Personengruppe natürlich auch spürbar zugute gekommen. Da Bezieherinnen und Bezieher von Lohnersatzleistungen auch keine Einkommensteuer zahlen, ist eine Senkung der Mehrwertsteuer (neben Erhöhungen von Leistungen), diejenige Maßnahme, die sich am schnellsten und deutlichsten in deren Geldbeuteln bemerkbar macht. Nach meiner Erfahrung haben die Supermärkte die Mehrwertsteuersenkung im Regelfall an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben, spätestens an der Kasse durch nachträglichen Abzug.

Natürlich ist richtig, dass derjenige, der große Beträge ausgibt, in absoluten Zahlen auch eine höhere Ersparnis durch die Mehrwertsteuersenkung erzielt. Dafür hat er aber auch durch höhere Konsumausgaben dem Wirtschaftskreislauf größere Mittel zur Verfügung gestellt. Die Automobilindustrie steht im Moment schlecht da. Deshalb hat Ihr Nachbar vermutlich Arbeitsplätze gesichert von Menschen, die nicht so gut verdienen wie er. Und nur bei tatsächlicher Ausgabe dieser Mittel hat er auch selbst steuerlich profitiert. Genau das war das Ziel der Maßnahme: Wir wollten die Wirtschaft kurzfristig stärken, indem wir steuerliche Anreize für zusätzlichen Konsum gesetzt haben. Zur Stützung der Wirtschaft hat der vorgezogene Kauf eines Autos dabei genauso beigetragen wie der vollere Einkaufswagen der Familie im Supermarkt.

Außerdem gibt es eine weitere Maßnahme, die einer ebenfalls dem Konsum eher als dem Sparen zugeneigten Bevölkerungsgruppe - diesmal durch Direktzahlung - unmittelbar zugute kam: Die Auszahlung des Kinderbonus (in Form eines zusätzlichen Kindergeldes) in Höhe von 300 Euro pro Kind im vergangenen Herbst. Da Familien mit höherem Haushaltseinkommen wiederum verstärkt zum Zurücklegen zusätzlicher Mittel neigen, wird das zusätzliche Kindergeld jedoch auf den Kinderfreibetrag angerechnet, so dass der zusätzliche Vorteil bei höheren Einkommen sukzessive abschmilzt.

Ich hoffe, ich konnte zur Aufklärung beitragen, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann

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