Frage an Antje Tillmann von Wolfgang H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Wie stehen Sie zur weiteren Entwicklung in Tibet/China. Sollten weiterhin die Wirtschaftskontakte zu China Priorität haben oder stärker auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechte wie z. B. Relegionsfreiheit hingewirkt werden, falls erforderlich auch mit entsprechenden Sanktionen?
Wolfgang Hase
China, das bevölkerungsreichste Land der Erde, hat sich in den letzten Jahren auch wirtschaftlich zu einem Gigant entwickelt. Als Nuklearmacht und UN-Sicherheitsratsmitglied ist China auch politisch von internationaler Wichtigkeit. Im Kontrast zur Westangleichung und zum rasanten Wachstum von Wirtschaftskraft und Lebensstandard beharrt China jedoch weiterhin in einer repressiven politischen Tradition. Wenn sich auch die Situation der Einhaltung der Menschenrechte seit dem Tienamen-Massaker 1989 verbessert hat, zeugte nicht erst das Anti-Abspaltungsgesetz diesen Jahres und die bestehenden Menschenrechtsverletzungen im Bereich der Religion sowie die Verweigerung von Selbstbestimmungsrechten gegenüber Tibet von einer aggressiven Machtpolitik. Das Kunststück jeder Außenpolitik muss daher als Balanceakt zwischen wirtschaftlich-globaler Modernität und politisch-demokratischer Rückständigkeit vermitteln.
Die rot-grüne Bundesregierung lässt dabei keine klare Handschrift erkennen. Der moralische Anspruch der Verteufelung von Repressalien trifft auf eine wirtschaftlich orientierte Interessenwahrung in der Tradition der Hanauer Brennelementefabrik und letztlich die Befürwortung der Aufhebung des EU-Waffen-Embargos wie auch die Unterstützung einer „Ein-China-Politik“ zu einem Zeitpunkt, zu dem es zwischen Peking und Taiwan wieder heftig kriselte. Ein enges Verhältnis zu China ist von großer Bedeutung, erfordert aber eine Gratwanderung zwischen kühler, pragmatischer Vertretung deutscher (wirtschaftlicher) Interessen und Prinzipientreue. Gerade im Falle Chinas ist es zweifelhaft, ob die durchsichtige Servilität der Bundesregierung zu Respekt und gleicher Augenhöhe führt. So kommt die Bundesregierung in Peking weder bei ihrem Streben nach einem ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat für Deutschland noch in wichtigen wirtschaftlichen Fragen, wie den Schutz geistigen Eigentums oder der aktuellen Frage von Importzöllen, weiter.
Die CDU/CSU vertritt die Meinung, dass die globale Verwirklichung der allgemeinen Menschenrechte eine unverzichtbare Voraussetzung für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt ist. Für die CDU bildet diese Herausforderung zugleich eine elementare ethische Grundlage außenpolitischen Handelns. Der Einsatz für die Menschenrechte und die Unterstützung von Initiativen, Aktionen und Organisationen, die für eine Verwirklichung der Menschenrechte eintreten, ist deshalb ein zentrales Anliegen der Christlich Demokratischen Union. Die CDU ist sich der zunehmenden Bedeutung Chinas in der Welt bewusst und begrüßt deshalb jeden Schritt Chinas auf dem Weg zur Demokratisierung und Öffnung des Landes.
Große Hoffnung setzt die Union hierbei in den Beitritt Chinas in die WTO. Es ist erfreulich,dass China die beiden UN-Menschenrechtspakete über bürgerliche und politische Rechte bzw. wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unterzeichnet hat. Dieser Umstand kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Menschen in China elementare Rechte, wie Glaubens- und Religionsfreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, nach wie vor vorenthalten wird. Chinas Entwicklung vom Gigant zum global player macht deswegen eine freiheitliche Ordnung zwingend notwendig, denn nur so kann Frieden und Sicherheit in Zukunft gewahrt bleiben.
Die CDU setzt in ihrer China-Politik auf eine konsequente Fortführung der Reformpolitik durch die chinesische Regierung. Die Reformpolitik hin zur Demokratisierung und Marktwirtschaft zu fördern, muss Maxime deutscher China-Politik bleiben. Bereits Bundespräsident Herzog ist bei seinem Chinabesuch dafür eingetreten, dass es bei "fundamentalen Rechten der Person" - Leben, Freiheit, Schutz vor Folter und willkürlichem Freiheitsentzug - keine Kompromisse geben könne. So waren wir als CDU gegen eine Aufhebung des Waffenembargos, um in Bezug auf 1989 kein missverständliches Signal der Akzeptanz aggressiver chinesischer Politik zu senden.
Die CDU/CSU befürwortet einen direkten Dialog der Repräsentanten der Volksrepublik China mit dem Dalai Lama, um ein Tibet-Statut auszuhandeln, das auf dem Selbstbestimmungsrecht der Tibeter basiert und ihnen weitgehende Autonomierechte im Rahmen der Volkrepublik China garantiert.
Durch eine starke Position Deutschlands auf dem internationalen Parkett wollen wir als CDU/CSU mit der prinzipienlosen Chinapolitik der letzten Jahre aufräumen und zu einem prinzipientreuen Grundkonsens zurückkehren.
Antje Tillmann, MdB