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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Matthias S. •

Frage an Antje Tillmann von Matthias S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tillmann, ich wende mich an Sie, da Sie die finanzpolitische Sprecherin der CDU sind. Es geht um die von mir vor gut fünfzehn Jahren geplante private Rentenvorsorge, ohne die ich und meine Frau definitiv in Altersarmut und einen dramatischen sozialen Abstieg fallen werden. Wir könnten dann nicht einmal mehr unsere jetzige Miete aufbringen, die sicherlich weiterhin stark steigen wird.

Wie mir meine Bankberaterin zu meinem Erschrecken mitgeteilt hat, ist meine damals mit ihr konzipierte Altersvorsorge kaputt, existiert also nicht mehr, obwohl ich dauernd einzahle. Als Grund nannte sie die von der Regierung seit langem praktizierte Nullzinspolitik zur Sanierung der südeuropäischen Staaten. Sie sagte mir, dass ich in den letzten fünf Jahre überhaupt keine Erträge mehr auf meine Verträge bekommen habe und dies auch laut Expertenmeinung noch viele Jahre so weitergeht. Im Gegenteil. Sie sagte mir, die von mir mühsam aufgebrachten Monatsraten würde sogar von der Politik real enteignet, das angesparte Geld werde in 20 Jahren durch Inflation nur noch die Hälfte wert sein. Es ist also nicht nur so, dass ich keine Zinsen erhalte und damit der ganze Plan nicht mehr aufgeht, sondern meine Sparbeträge sogar durch die von der Politik angestrebte hohe Inflation im Nirwana verschwinden. Und da die Miete nach Auskunft meiner Bank ganz sicher noch stärker steigen werde als die normale Inflation, werde mir meine Altersvorsorge erst recht nicht helfen. Es sei laut meiner Bank alles für die Katz,was wir damals als Altersvorsorge geplant haben. Es wäre fast klüger, das Geld heute zu verprassen, da Erspartes definitiv von der Bundesregierung enteignet werde. Nur reichen Leuten mit Immobilienbesitz und so werde es noch gut gehen, sagte sie, die würden von der Regierungspolitik profitieren und könnten im Alter dann einfach unverdiente Profite (hohe Mieteinnahmen) genießen.

Gibt es wirklich keinen Ausweg für mich? Ist der Weg in die Altersarmut jetzt unausweichlich?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schwarzer,

danke für Ihre Anfrage.

Weder die Bundesregierung noch der Bundestag enteignen Ihre private Altersvorsorge. Ich kann diese Aussage Ihrer Bankberaterin nicht nachvollziehen. Die Verzinsung von Spar- oder Versicherungsverträgen ist nicht Folge nationaler politischer Entscheidungen, sondern folgt aus der Anlagepolitik der Unternehmen und der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank.

Unabhängige Zentralbank
Die Politik kann und darf auf die Geldpolitik der EZB aber aus guten Gründen - die gerade Deutschland bei der Errichtung der EZB als von der Politik unabhängiger Zentralbank wichtig waren - keinen Einfluss nehmen. Auch wenn dies in der aktuellen Phase sowohl für die Politik als auch den einzelnen Bürger in Deutschland schwer zu verkraften und mit enormen Anstrengungen verbunden ist, sollte diese Errungenschaft unabhängiger Zentralbanken, die den Staaten die Möglichkeit nimmt, Einfluss auf die Geldpolitik im Sinne der eigenen Haushaltspolitik zu nehmen, nicht vorschnell zur Disposition gestellt werden. Denn die gesamtwirtschaftlichen Vorteile einer von der Politik unabhängigen Zentralbank überwiegen die Nachteile.

Niedrige/negative Realzinsen kein neues Phänomen
Auch der Trend zu immer niedriger werdenden Zinsen ist kein Phänomen erst der EZB, sondern schon seit einigen Jahrzehnten zu beobachten, auch bereits zu D-Mark-Zeiten. Der Realzins, also das Verhältnis von Inflation und Zinsniveau, war in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Phasen nahe Null. Gute Finanz- und Anlageberatung sollte auf diese Tatsache stets hinweisen. Auch dass sich Spargeld über einen gewissen Zeitraum real negativ verzinst, ist nicht erst im aktuellen Zinsumfeld zu beobachten. In Zeiten höherer Inflation überwogen nach Daten der Bundesbank historisch betrachtet sogar die Zeiträume mit negativer Realverzinsung. Die Auswirkungen auf Sparer, Altersvorsorge und Pensionslasten von Unternehmen sind aber in der Tat umso schwerwiegender, je länger die Niedrigzinsphase anhält.

EZB muss sich erklären
Die EZB muss deshalb gerade vor dem Hintergrund ihrer Unabhängigkeit ihre Maßnahmen immer wieder neu öffentlich erklären. Vor allem aber muss sie ernsthaft an einem mittelfristigen Ausstiegsszenario arbeiten, um das ihr von Politik, Wirtschaft sowie Sparerinnen und Sparern entgegengebrachte Vertrauen auch weiterhin zu rechtfertigen. Die US-Fed hat bereits vorgemacht, wie das gehen kann. Dies gilt insbesondere deswegen, weil mit der derzeit wieder anziehenden Inflation die reale Rendite von Zinsanlagen immer weiter in den negativen Bereich gedrückt wird.

Kritik aus Deutschland
Wie viele Bürgerinnen und Bürger sowie Wissenschaftler beobachtet daher auch die Bundespolitik das Handeln der EZB mit zunehmender Sorge. Insbesondere die Union kritisiert den geldpolitischen Kurs der EZB schon seit Längerem. Zuletzt zu Jahresbeginn habe ich mich dazu auch selbst öffentlich entsprechend geäußert.

Mag das schnelle Handeln der Zentralbanken und das Herabsetzen der Zinsen während der Finanzkrise und im Anschluss auch richtig gewesen sein, um Kettenreaktionen und ein Zusammenbrechen des Finanzsystems zu verhindern, so würden wir uns eine beherztere Rückkehr in den Normalmodus wünschen.

Folgenden Beschluss haben die Haushalts- und Finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktionen in den Ländern zuletzt im Oktober 2017 gefasst: "Die Europäische Zentralbank bewegt sich mit ihrer Nullzinspolitik am Rande ihres Mandats zur Wahrung der Geldwertstabilität. Mit ihren Maßnahmen stützt die EZB Regierungen und notleidende Banken in den Euro-Krisenstaaten, statt die richtigen Anreize für die erforderlichen Strukturreformen und für den notwendigen Abbau von Risiken zu setzen. Auch die Sparer leiden unter der Zinspolitik der EZB. Eine nachhaltige, zukunftsorientierte Reformpolitik ist der Schlüssel zu einer Erholung in den Krisenstaaten, aber nicht in erster Linie die Geldpolitik."

Nationaler Gesetzgeber muss gegensteuern
Momentan sind wir als nationaler Gesetzgeber gezwungen, negative Folgen der Geldpolitik zumindest abzumildern. Im Rahmen des Lebensversicherungsreformgesetzes 2014 und des Bausparkassenänderungsgesetzes 2015 sind wir als Gesetzgeber daher bereits entsprechend tätig geworden. Im Bereich der Pensionsrückstellungen in den Unternehmen haben wir ebenfalls erste Maßnahmen ergriffen, sehen aber auch noch steuerlichen Handlungsbedarf. Daneben müssen wir den Immobilienkreditsektor weiterhin sehr genau im Auge behalten, um Blasenbildungen zu verhindern. Immobilienkreditzinsen von weit unter zwei Prozent für zehnjährige Darlehen haben das Potenzial, auch Menschen zum Kauf zu verleiten, die sich die anziehenden Immobilienpreise gar nicht leisten können. Der Bestand an Wohnimmobilienkrediten liegt derzeit auf einem Rekordniveau. Weil der Ausschuss für Finanzstabilität und die Bundesbank deshalb bereits Anfänge einer Überhitzung gesehen haben und strengere Regeln für die Immobilienfinanzierung anmahnten, ist der Gesetzgeber vor einem Jahr mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz tätig geworden. Wir haben die Bankenaufsicht mit zielgenauen zusätzlichen Instrumenten ausgestattet, um für den Fall
einer Überhitzung der Immobilienmärkte Spekulationsblasen bei der Vergabe von Wohnimmobiliendarlehen zu bekämpfen.

Aktie stärken
Uns ist wichtig, dass sich Sparen wieder lohnt. Da die Niedrigzinspolitik es den Sparerinnen und Sparern aber zunehmend schwer macht, eigenverantwortlich für das Alter vorzusorgen und Vermögen aufzubauen, wollen wir die Aktie als Anlageinstrument zur Vermögensbildung wieder attraktiver machen. Denn eines ist klar: Mit einer vernünftigen Mischung aus festverzinslichen Wertpapieren und Aktien ist es auch heute möglich, eine zufriedenstellende Rendite zu erwirtschaften. In den Fokus werden wir deshalb Freibeträge, den Werbungskostenabzug sowie auch die Wiedereinführung der Spekulationsfrist nehmen. Denn wer z.B. eine Aktienanlage 10 Jahre lang hält, kann aus unserer Ansicht nach bei der steuerlichen Behandlung von Veräußerungserlösen nicht auf eine Stufe mit Hochfrequenzhändlern und Spekulanten gestellt werden.

Angespartes Kapital aber zu "verprassen", statt es für die eigene Altersvorsorge vorzuhalten, ist die schlechteste Lösung, weil es im Alter dann schlicht fehlt, unabhängig davon, ob das Kapital sich verzinst hat oder nicht. Auch diese Aussage Ihrer Beraterin halte ich für schlicht falsch und geradezu verantwortungslos.

Arbeitsplatz und existenzsicherndes Einkommen bester Schutz gegen Altersarmut
Der beste Schutz gegen Armut ist aus meiner Sicht eine sichere Arbeitsstelle mit einem Gehalt, das zum Leben reicht und eine Vorsorge für das Alter ermöglicht.

Unser Ziel ist es, dass es in Deutschland allen Menschen möglich sein soll, existenzsichernde Einkommen zu erzielen. Mit dem Mindestlohn wurde hierzu bereits ein Beitrag geleistet. Im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass unser gemeinsames Ziel die Vollbeschäftigung in Deutschland ist. Auch deshalb wollen wir Arbeit und Leben besser vereinbaren und unsere sozialen Sicherungssysteme modernisieren. Hierzu wollen wir 4 Mrd. Euro zusätzlich für neue Chancen in einem sozialen Arbeitsmarkt für langzeitarbeitslose Bürgerinnen und Bürger bereitstellen.

Kampf gegen Altersarmut
Wir setzen uns dafür ein, dass die Einkommen der Rentnerinnen und Rentner auch in Zukunft berechenbar und angemessen sind. So werden wir in dieser Legislaturperiode eine Lebensleistungsrente einführen, die zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs liegen wird, gleichzeitig werden wir die Mütterrente ausweiten. Zudem haben wir Anfang Mai die Kommission "Verlässlicher Generationenvertrag" eingesetzt. Sie wird sich mit der Sicherung und Weiterentwicklung der Alterssicherung in unserem Land beschäftigen und für die Zeit nach 2025 Empfehlungen erarbeiten.

Ich hoffe, meine Ausführungen waren für Sie hilfreich und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann MdB

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