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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Vincent H. •

Frage an Antje Tillmann von Vincent H. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Tillmann,

wie stehen Sie persönlich zur Glyphosat-Problematik, sind sie für oder gegen eine EU-weite Zulassung des Mittels?

Wie beurteilen Sie das Verhalten des CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt, der entgegen seiner persönlichen Zusage und entgegen dem Konsens von BMUB und BMEL in Eigenregie in Brüssel für eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung gestimmt hat?

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/streit-um-glyphosat-hendricks-wirft-schmidt-vertrauensbruch-vor-100.html

Mit freundlichen Grüßen,
V. H.

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CDU

Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
In der EU stand nach langen Debatten eine Entscheidung an. Die EU-Kommission hätte sich offenbar ohnehin für eine Verlängerung entschieden. Bundesminister Christian Schmidt hat erreicht, dass diese Entscheidung nun im Sinne des Gesundheits- und Naturschutzes mit einigen Bedingungen versehen wurde. In der Sache halte ich das Glyphosat-Abstimmungsverhalten für vertretbar, allerdings hat die Bundeskanzlerin darauf hingewiesen, dass gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen wurde und angemahnt, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen dürfe. Auch ich finden, dass die Zeit zwischen zwei Bundesregierungen größtmöglicher politischer Zurückhaltung bedarf. Dementsprechend finde ich das Verhalten von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt ebenfalls problematisch.
Verlängerung ist richtig
Die Verlängerung halte ich in der Sache aber für richtig. Denn die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache: Aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat es keine Notwendigkeit gegeben, Glyphosat die Zulassungsverlängerung weiter zu verweigern. Eine Einschätzung, die nahezu von allen zuständigen Behörden in Deutschland, Europa und weltweit geteilt wird.
Was hat es mit Glyphosat auf sich? Der Wirkstoff Glyphosat ist seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen und wird in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Das wohl bekannteste glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel ist „Roundup“. In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.
Bewertung von Glyphosat ist umstritten
Anlass für die Diskussion war die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten – auch innerhalb der WHO selbst.
Den Hinweisen des IARC sind die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und weitere Fachleute aus den europäischen Mitgliedstaaten nachgegangen. Am 12. November 2015 sind ihre Ergebnisse in einem umfassenden Bericht vorgestellt worden. Danach sind „beim Menschen bei einer sachgerechten Anwendung in der Landwirtschaft keine krebserzeugenden, erbgutverändernden oder entwicklungsschädigenden Risiken von Glyphosat zu erwarten“. In diesem Bericht sind auch Erkenntnisse aus der IARC-Klassifizierung berücksichtigt worden.
Welche anderen Wirkstoffe werden von der IARC als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft? Neben Glyphosat sind in die Gruppe 2 A eingeordnet:
• rotes Fleisch,
• Rohöl,
• Ottokraftstoff,
• Acrylamid (in Chips, Lebkuchen, Pommes Frites),
• Cobaltchlorid.
Alkohol und Sonnenlicht finden sich sogar in der höchsten Risikokategorie „krebserregend für den Menschen“. Diese Klassifizierungen seitens der IARC werden jedoch selten erwähnt. Aber diese Klassifizierungen gehören zum Gesamtbild dazu.
Die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, wird keine Aussage getroffen. Auch nicht zu der Frage, ab welcher Intensität die Exposition eine gesundheitliche Gefährdung darstellt. Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert. Es ist garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Bundesamt für Risikobewertung sieht bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) ist bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss gekommen, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es keinen Grund, an der Expertise des BfR zu zweifeln. Wir befürworten daher eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen. Dabei geht es keineswegs darum, Glyphosat ohne Wenn und Aber wieder zuzulassen. Einzig und allein auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnis darf über die Zulassung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen entschieden werden.
Das BfR befindet sich mit seiner Einschätzung im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch die Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie den USA, Kanada, Japan und Australien die Bewertung des BfR. Dieser Einschätzung ist auch die EFSA gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben.
Zulassungsverfahren muss verbessert werden
Der aktuelle Streit um Glyphosat macht aber deutlich, dass das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel auf europäischer Ebene verbessert werden muss. Die Öffentlichkeit hat ein verständliches Bedürfnis nach größerer Transparenz. Hier ist insbesondere die Europäische Kommission in der Pflicht, das Verfahren zu überprüfen, entsprechende Verbesserungen vorzuschlagen und damit sicherzustellen, dass wissenschaftliche Differenzen auch ausgeräumt werden.
Strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte in Deutschland
Unabhängig von Glyphosat ist für die Unionsfaktion selbstverständlich, Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden. Diese sind so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen. Entscheiden ist daher die maßvolle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dies muss bei gleichzeitig hohem Schutzniveau für den Menschen, Natur und Umwelt geschehen
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann MdB

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