Frage an Antje Tillmann von Daniel B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Tillmann,
können Sie bitte erklären, warum Sie für das verabschiedete Sterbehilfe-Gesetz gestimmt haben? Sie verweigern damit todkranken Menschen die Möglichkeit, Hilfe zur Beendigung ihres Leidens in Anspruch zu nehmen. Und aufgrund der demographischen Entwicklung werden in Zukunft wohl leider sehr viele Menschen in Deutschland davon betroffen sein. Ich finde es erschreckend, dass ein solches Gesetz von einer Abgeordneten aus meinem Wahlkreis mitgetragen wird. Was also waren Ihre Beweggründe dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Boldt
Sehr geehrter Herr Boldt,
vielen Dank für Ihre mail. Gerne beantworte ich Ihnen die Frage nach meinen Beweggründen.
Meine Mutter hat viele Jahre ehrenamtlich im Hospizdienst gearbeitet. Ich habe häufig mit ihr über das Sterben als Teil des Lebens und den Tod gesprochen. Auch die Gespräche, die ich in Vorbereitung auf die Entscheidung im Bundestag mit Ärzten, mit Juristen und Seelsorgern geführt habe, haben mich in der Gewissheit bestärkt, dass viele Menschen vor allem von der Angst getrieben werden, dass ihr Sterben mit Schmerzen und Qual, mit Leid und Einsamkeit verbunden sei.
Daher steht für mich die Sterbebegleitung an erster Stelle bei der Diskussion über den Übergang vom Leben in den Tod. Wir haben dazu in der letzten Woche ein Gesetz beschlossen, durch welches der Ausbau flächendeckender Hospiz- und Palliativversorgung nicht nur in Krankenhäusern und Hospizen, sondern auch zu Hause und in den Pflegeheimen gefördert wird.
Palliativmediziner bestätigen mir, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen bei der Sterbehilfe/Sterbebegleitung dem Wunsch nach weitgehender Schmerzfreiheit und letztlich nach einem selbstbestimmten Ende gerecht werden. Dabei kommt neben Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung der Patientenverfügung, in der jeder für sich festgelegen kann, was medizinisch unternommen oder unterlassen werden soll, eine besondere Bedeutung zu.
Allerdings muss Geschäftemacherei mit dem Tod unterbunden werden - geschäftsmäßige Sterbehilfe ist daher für mich nicht akzeptabel. Deshalb habe ich für den Entwurf meiner Kollegen Brand/Griese gestimmt. Er sieht vor, dass die bisher bewährte grundsätzliche Straffreiheit des Suizids und der Suizidbeihilfe nicht in Frage gestellt wird. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf wird nur dort gesehen, "wo geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe als normale Behandlungsoption erscheinen ... und Menschen dazu verleiten können, sich das Leben zu nehmen". Ziel ist es deshalb, zu verhindern, dass die Suizidbeihilfe "zu einem normalen Dienstleistungsangebot der gesundheitlichen Versorgung" wird und dass es zu gesellschaftlichen "Gewöhnungseffekten" kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann