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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Heinz K. •

Frage an Antje Tillmann von Heinz K.

Sehr geehrte Frau Tillmann,

der Bundestag berät derzeit die geplanten Gesetzesänderungen zur Regelung der Fracking-Technik in Deutschland. Die Regelungen sind nicht nur in der Bevölkerung, sondern - wie man der Presse entnehmen kann - auch in den Bundestagsfraktionen und CDU, CSU und SPD stark umstritten. Daher bitte ich Sie um Ihre Einschätzung des Gesetzesentwurfs und um Beantwortung meiner nachstehenden Fragen:

1) Der Gesetzesentwurf sieht vor, Fracking in Kohleflöz- und Schiefergestein bis zu einer Tiefe von 3000 Metern zu verbieten. Wie stehen Sie zu dieser Grenzziehung?
2) Halten Sie es für vertretbar, dass Entscheidungen über gesellschaftlich und politisch bedeutsame Fragen aus dem Bundestag ausgegliedert und einer demokratisch nicht legitimierten Expertenkommission überlassen werden? Wenn ja, warum?
3) Die Einführung eines wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes als Zulassungsvoraussetzung von Fracking-Maßnahmen kann den Schutz von Mensch und Grundwasser sicherer machen? Teilen Sie diese Auffassung und wenn nein, warum nicht?
4) Wie soll mit der Verpressung von Lagerstättenwasser bei der Gewinnung von Erdöl und Erdgas zukünftig umgegangen werden?
5) Halten Sie die Erprobung von Fracking-Vorhaben für Test- und Experimentierfeld mit ungeahntem Ausgang und wenn nein, warum nicht? Wie viele solcher Vorhaben halten sie in Deutschland für erforderlich und warum?

Vielen Dank für Ihre Antworten

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kowalski,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Fracking.
Bei den Regelungen verfahren wir nach dem Grundsatz: Der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers haben absolute Priorität! Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist unkonventionelles genauso wie konventionelles Fracking erlaubt. Wenn Genehmigungsanträge gestellt werden, besteht die Gefahr, dass Unternehmen diese im Klagewege durchsetzen können. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Fracking-Vorgängen bestenfalls lückenhaft. Und nach der gegenwärtigen Rechtslage ist Fracking in Natur- oder Wasserschutzgebieten nicht durchgehend verboten, und es gibt auch keine klaren und einheitlichen Vorgaben, was mit den Flüssigkeiten zu geschehen hat, die durch das Fracking an die Oberfläche gelangen. 3.000 Meter Grenze ist sinnvoll Dem Regelungspaket liegt zugrunde, dass wir zwischen der Erdgasförderung im Sandgestein, bei der das sogenannte „konventionelle Fracking" eingesetzt wird, und dem „unkonventionellen Fracking" im Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein differenzieren.

Das unkonventionelle Fracking findet näher an der Oberfläche und damit an den grundwasserführenden Gesteinsschichten statt. Deshalb konzentriert sich das Verbot auch auf die Bohrungen, die oberhalb von 3.000 m Tiefe stattfinden. Damit ist der ganz überwiegende Teil wenn nicht sogar sämtliches unkonventionelle Fracking erfasst. Diese 3.000 m-Grenze haben wir gesetzt, um rechtssicher zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking differenzieren zu können. Unabhängige Expertenkommission nur erste Instanz Nach 2018 können in Einzelfallen Genehmigungen für unkonventionelles Fracking beantragt werden, wenn Erprobungsmaßnahmen stattgefunden haben und eine unabhängige Expertenkommission zu dem Ergebnis kommt, dass eine Förderung in der betroffenen Gesteinsformation grundsätzlich unbedenklich ist. Das Votum der Kommission ersetzt weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch alle anderen nach Berg-, Wasser- oder Naturschutzrecht und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. des Immissionsschutzes) erforderlichen Prüfungen oder Genehmigungen. Wenn die Kommission die Unbedenklichkeit verneint, bleibt es beim Fracking-Verbot. Wenn die Kommission zu dem Ergebnis der Unbedenklichkeit kommt, bedeutet das nur, dass eine Genehmigung überhaupt erst beantragt werden darf. Denn ob die Genehmigung tatsächlich erteilt wird, liegt dann nach wie vor in der Verantwortung der zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers haben absolute Priorität Die von Ihnen angesprochene Ausweitung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes als Zulassungsvoraussetzung für Fracking-Maßnahmen halte ich nicht für sinnvoll. Vielmehr sollte der bisherige Ansatz beibehalten werden und stoffbezogene Anforderungen weiterhin als zentrale Zulassungsvoraussetzung für Fracking-Maßnahmen gelten. In Kombination mit den strengen Vorgaben zum Gebietsschutz sind die strengen Anforderungen an die zu verwendenden Stoffe ein zielführender Ansatz für einen angemessenen Trinkwasserschutz.

Erste Voraussetzung für das konventionelle Fracking ist, dass die eingesetzte Frack-Flüssigkeit insgesamt maximal als schwach wassergefährdend eingestuft wird. Dies bedeutet, dass nur Gemische mit Stoffen (insbesondere Salzen) eingesetzt werden, die im Tiefengrundwasser ohnehin vorhanden sind, und das Trinkwasser nicht gefährden.
Zudem gelten folgende Regelungen für alle Fracking-Maßnahmen:
- Bei allen Tiefbohrungen - auch ohne Fracking - müssen umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden. Nur bei kleineren Förderungen reicht entsprechend der Vorgaben der EU eine Vorprüfung aus.
- Es ist ein umfassender Ausgangszustandsbericht zu erstellen.
- Die Identität sämtlicher eingesetzter Stoffe sowie ihre voraussichtliche Menge sind offenzulegen.
- Es findet ein Grund- und Oberflächenwassermonitoring statt.
- Rückflüsse und Bohrlochintegrität werden überwacht.
- Es gibt eine Berichtspflicht an die zuständige Behörde.
- Es wird eine Verordnungsermächtigung für ein öffentliches Stoffregister eingeführt.
- Alle bergrechtlichen Zulassungen können nur im Einvernehmen mit den Wasserbehörden erteilt werden.
Strengen Vorgaben gelten auch für Flowback und Lagerstättenwasser Diese strengen Vorgaben gelten - soweit übertragbar - auch für das Flowback und das Lagerstättenwasser. An die Entsorgung von Rückflüssen und Lagerstättenwasser werden zudem hohe Anforderungen nach dem Stand der Technik gestellt. Zurückfließende Frackflüssigkeiten (Flowback) dürfen nicht untertägig eingebracht werden. Ein Verpressen von Lagerstättenwasser ist grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn, das Lagerstättenwasser wird in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen eingebracht werden, die einen sicheren Einschluss gewährleisten. Unkonventionelles Fracking zu wirtschaftlichen Zwecken wird bis auf weiteres verboten Das Verbot erstreckt sich auf sämtliches Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas im Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein oberhalb von 3.000 m Tiefe. Dies gilt generell und ohne Befristung. Erlaubt werden können lediglich wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen, die den Zweck haben, die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Umwelt wissenschaftlich zu erforschen. Aus unserer Sicht wird es in den nächsten Jahren lediglich eine geringe Anzahl dieser Erprobungsmaßnahmen geben. Denkbar wäre auch, die Anzahl dieser Probemaßnahmen im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens auf eine maximale Anzahl zu begrenzen.
Am 8. Juni 2015 wird sich der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in einer dreistündigen öffentlichen Anhörung mit dem Thema Fracking befassen und mit Experten über das Thema diskutieren, am 10. Juni 2015 findet eine ebensolche Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie statt. Die Entscheidung über den Gesetzentwurf durch den Bundestag ist für Anfang Juli geplant, der Bundesrat wird Ende September entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann MdB

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