Frage an Antje Tillmann von Gerhard Dr. F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Tillmann,
im Verlauf unseres Gespräches am 15.09.11 in Jena teilten Sie mir mit, dass für die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Durchführung der Rentenanpassung keine finanziellen Mittel vorhanden sind. Inzwischen ist allgemein bekannt geworden, dass im Verlauf des vorherigen Wahlkampfes Frau Merkel im Juni 2009 den Seniorinnen und Senioren in Leipzig versprochen hat, diese Angleichung in den nächsten 1 bis 2 Jahren vorzunehmen.
Inzwischen hat die CDU wie fast alle anderen Parteien die Wichtigkeit der sozialen Gerechtigkeit wieder für sich entdeckt. Allerdings habe ich das Gefühl nach vielfältigen Gesprächen, dass sich ein weiteres Mal die ostdeutschen Rentner nicht wieder belügen lassen. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass es sich die CDU nicht leisten kann, Millionen Wähler im Osten gegen sich aufzubringen.
Ich hätte dazu Ihre Meinung gewußt und welche Position Sie im erneuten Wahlkampf zu diesem für die Rentner in Ostdeutschland dringend zu lösendem Problem beziehen?
Ich habe dazu den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Bergner schriftlich um eine konkrete Antwort gebeten, aber leider keine Antwort bekommen. Da er ein Parteifreund von Ihnen ist, scheint mir, dass die CDU hier ein dringendes Nachholebedürfnis hinsichtlich der Kommunikation hat.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Dr. Franke,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 5. Februar zum Thema Rentenangleichung, auf die ich Ihnen gerne antworte.
Die noch bestehenden Unterschiede werden in Ostdeutschland vielfach als unbefriedigend empfunden. Ich empfinde das genauso.
Bei allen aktuellen Vorschlägen sind negative Auswirkungen auf die ostdeutschen Beitragszahler zu erwarten:
Heute gibt es einen Vorteil für ostdeutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Die auszuzahlende Rente errechnet sich durch Multiplikation des aktuellen Rentenwerts Ost bzw. West mit den erworbenen Entgeltpunkten des Versicherten. Der aktuelle Rentenwert liegt dabei für Ostdeutschland bei 24,92 € und für Westdeutschland bei 28,07 €. Die Entgeltpunkte werden im Laufe des Erwerbslebens angesammelt. Dazu wird der Jahresverdienst, auf den Rentenversicherungs-beiträge zu entrichten sind, am durchschnittlichen westdeutschen Entgelt gemessen.
Das Einkommen von Rentenversicherten in Ostdeutschland wird aber hochgewertet, um den Unterschied zwischen dem Durchschnittsgehalt Ost und West auszugleichen. Durch die Hochwertung des Einkommens von Rentenversicherten in Ostdeutschland um den Faktor 1,1754 erwirbt ein ostdeutscher Beitragszahler nach dem geltenden Recht mit denselben Rentenbeiträgen einen höheren Rentenanspruch als ein Beitragszahler in Westdeutschland.
Diese Hochwertung gleicht den derzeitigen Nachteil beim Rentenwert künftig mehr als aus.
Derzeit gibt es keinen Vorschlag zur Rentenangleichung, der realistisch und für Beitragszahler und Rentenempfänger in Ostdeutschland vorteilhaft ist.
Der aktuelle Vorschlag der Grünen sieht vor, dass der Rentenwert Ost auf den Rentenwert West angehoben wird und auf die gesonderte Hochwertung der Entgeltpunkte in Ostdeutschland verzichtet wird. Dieser Vorschlag würde zu gravierenden Nachteilen für künftige ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner und Beitragszahler führen.
Auch das aktuelle Konzept der SPD würde neue Ungerechtigkeiten schaffen. Die SPD konnte kein Konzept vorlegen, dass schlüssig erklärt, wie die Stufen der Angleichung aussehen sollen. Die Anpassung hätte den Effekt, dass sich Lohnangleichungen bei Ostrentnern mit niedrigeren Verdiensten als im Westen weniger stark auf die eigene Rente auswirkt.
Das Stufenmodell der Partei DIE LINKE würde zu Mehrausgaben von jährlich 6 Mrd. € führen. Dies soll aus Steuermitteln ausgeglichen werden, diese Mittel stehen allerdings nicht zur Verfügung.
Aktuell prüft die Bundesregierung, wie eine Beseitigung der Unterschiede umgesetzt werden kann. Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder geht allerdings nicht mehr davon aus, dass ein Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode eingebracht werden wird.
Es ist zu erwarten, dass die Rentenerhöhung in den kommenden drei Jahren in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland ausfallen wird. Hierdurch wird die Differenz weiter abnehmen. Bereits 2013 werden die Renten ist Ostdeutschland nach Schätzungen um 3 Prozent und in Westdeutschland um 1 Prozent steigen.
Auch ich wünsche mir, dass wir möglichst bald eine Lösung für das Problem der Rentenangleichung finden können. Hierfür werde ich mich auch in Zukunft einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann, MdB