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Antje Grotheer
SPD
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Frage von Norbert W. •

Frage an Antje Grotheer von Norbert W. bezüglich Umwelt

Seit genau 4 Jahren wird über den Kleingartenplan 2025 und damit verbunden (DA 422) über die Zukunft der Kaisenhäuser geredet. Abgesehen davon, daß Bremen kein Geld für den Abriss aller Häuser hat und die Wohnungsnot es geradezu verbietet, intakten Wohnraum zu vernichten (echte Schrottparzellen natürlich ausgenommen), frage ich Sie, warum Sie jetzt nicht zeitnah Rechtssicherheit schaffen für den Fortbestand der Kaisenhäuser? Diese Häuser sind damals mit einer S.-H.-Lizenz (Baugenehmigung) errichtet worden und haben nach ca. 70 Jahren der Duldung und nach neuester Rechtsprechung Bestandsschutz. Die Listen mit dieser Baugenehmigung befinden sich bei der Bauverwaltung. Sowohl das neueste Bundeskleingartengesetz als auch ein höchstrichterliches Urteil (BVerwG 4 CN 7.12 vom 11.07.2013) lassen Wohngebäude als Einsprengsel in Kleingartengebieten zu. Mit der Einführung der zertifizierten Sammelgrube gibt es auch keine Abwasserproblematik! Die Vereine könnten die leerstehenden Parzellen wieder verpachten und ohne dem Damoklesschwert eines teuren Rückbaus würden viele Menschen wieder Geld und Arbeit in solche Grundstücke investieren. Die Kleingartengebiete würden wieder belebt, sauber und sicherer! Also für alle Parteien eine Win-Win-Win-Situation! Auch müßte man sich über die Ansichten des Landesverbandes der Kleingärtner hinwegsetzen. Es gibt Vereine und viele Eigentümerparzellen, die mit diesem Landesverband keine Schnittstellen haben! Warum werden die neuesten Urteile und Möglichkeiten von der Politik und von der Verwaltung nicht öffentlich kommuniziert? Warum blockt die Verwaltung alles ab? Genau wie das Thema Wochenendgebiete in Kleingartengebieten, wo die Anträge seit 10 Jahren auf deren Tisch liegen! Können Sie zu diesem Thema belastbare Aussagen machen, ohne die üblichen Hinhalte-Floskeln?

Mit freundlichem Gruß, N. W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wicha, zur Frage des Umgangs mit den gut erhaltenen
Gebäuden in Kleingärten hat die SPD-Fraktion erst im März eine Anfrage
an den Senat gerichtet, die ich Ihnen zusammen mit der Antwort gerne zur
Kenntnis gebe. Die SPD wird auch nach der Wahl an dem Thema dranbbleiben.

BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 19/935 S

Stadtbürgerschaft

19. Wahlperiode 19.03.19

*Antwort des Senats *

*auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD *

*vom 3. Dezember 2018 *

*„Guterhaltene Gebäudesubstanz in Kleingärten weiter nutzen“ *

Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet:

„Im Jahr 2015 hat die Deputation für Bau beschlossen, dass vorhandene
Gebäude in Kleingärten für ausschließlich kleingärtnerische Zwecke
genutzt werden dürfen, auch wenn ihre Größe den Vorgaben des
Bebauungsplans bzw. Kleingartengesetzes widerspricht.

Unter den gleichen Bedingungen werden „Kaisenhäuser“ nach Ablauf der
Auswohnberechtigung geduldet. Die mit Kudella-Auswohnerinnen und
-Auswohnern geschlossenen Abrissvereinbarungen sind bis zur Vorlage des
Kleingartenentwicklungsplans für Gebäude, die kleingärtnerisch genutzt
werden können, unabhängig von ihrer Größe ausgesetzt, soweit nach
Aufgabe der Wohnnutzung eine Nachnutzung als Kleingartenlaube
beabsichtigt ist.

Politischer Wille aller Beteiligten war es damals, insbesondere
guterhaltene Gebäudesubstanz nicht abzureißen, sondern diese als
Kleingartenlaube weiternutzen zu können.

Nach der Dienstanweisung Nr. 440 des Senators für Umwelt, Bau und
Verkehr vom 27. September 2017 werden neue Abrissvereinbarungen nur in
„besonders begründeten Einzelfällen“ abgeschlossen. Soweit bekannt, hat
das Bauressort mit der Begründung, ein „besonders begründeter
Einzelfall“ läge nicht vor, den Abschluss von neuen
Abrissvereinbarungen, abgelehnt.

Diese Verwaltungspraxis führt dazu, dass Vereinsvorstände davon Abstand
nehmen, nach Aufgabe von Parzellen mit einer intakten Bebauung neue
Pachtverträge abzuschließen, weil nicht klar ist, wer nach Beendigung
der neuen – ausschließlich kleingärtnerischen – Nutzung mit den
Abrisskosten, die zwischen 20.000 bis 40.000 Euro betragen können,
belastet wird.

Wegen dieses Risikos werden gut erhaltene große Gebäude in
Kleingartengebieten zur kleingärtnerischen Nutzung nicht neuverpachtet
und beginnen deshalb zu verfallen. Dieser Umstand verschärft das sowieso
bestehende Problem der aus anderen Gründen freigefallenen Parzellen und
durchkreuzt den politischen Willen, wie er im Beschluss der zuständigen
Deputation 5. März 2015 zum Ausdruck gekommen ist.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Ist das geschilderte Problem dem Senat bekannt?

2. Bis wann wird der als eine Aussetzungsvoraussetzung für die
Abrissvereinbarungen genannte Kleingartenentwicklungsplan vorliegen?

3. Beabsichtigt der Senat, die bestehenden Abrissvereinbarungen auch
darüber hinaus auszusetzen, soweit Gebäude rechtlich zulässig
kleingärtnerisch genutzt werden?

4. Wie kann für Neupächter von Gebäuden, die bereits mit einer
ausgesetzten Abrissverfügung belegt sind oder für die eine
Abrissvereinbarung besteht, Rechtssicherheit hergestellt werden?

5. Unter welchen Voraussetzungen beabsichtigt der Senat, die Duldung der
anderen kleingärtnerisch genutzten Gebäude zu verlängern und wie kann
bei einer Neuverpachtung Rechtssicherheit hergestellt werden?

6. Sieht der Senat eine Möglichkeit, bei Neuverpachtungen solcher
Gebäude gegen Zahlung eines erhöhten Pachtzinses eine
Freihaltungszusicherung von möglichen Abrisskosten zu erklären, soweit
eine Abrissverfügung ausschließlich aufgrund der Dimension der
übernommenen Gebäude erfolgen sollte?

7. Wie beabsichtigt der Senat, dem politischen Willen, intakte – aber zu
große – Gebäude für eine kleingärtnerische Nutzung zu erhalten, Geltung
zu verschaffen, obwohl sich das Bauressort weigert, neue
Abrissvereinbarungen abzuschließen.

8. In welcher Form wird der Senat das beschriebene Problem mit dem
Landesverband der Gartenfreunde e.V. und betroffenen Kleingartenvereinen
gemeinsam bearbeiten?“

Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt:

*1. Ist das geschilderte Problem dem Senat bekannt? *

Das geschilderte Problem ist dem Senat aufgrund diverser Anfragen zum
Abschluss neuer Abrissvereinbarungen bekannt.

Richtig ist, dass seit dem Beschluss der Baudeputation vom 05.03.2015
für Behelfsheime grundsätzlich keine Abbruchvereinbarungen mehr
geschlossen werden. Dafür spricht, dass entsprechend dem Votum der
Deputation die Beseitigung der übergroßen, aber gut erhaltenen
Behelfsheime nach Aufgabe der Wohnnutzung nicht mehr verlangt werden
soll, um sie stattdessen für eine kleingärtnerische Nutzung zu dulden.

Diese neuen Rahmenbedingungen sind seinerzeit in einer Dienstanweisung
Nr. 440 im Interesse einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis festgelegt
worden. Danach können neue Abrissvereinbarungen nur noch „in besonders
begründeten Einzelfällen“ abgeschlossen werden. Diese begründeten
Einzelfälle waren bei den vorgetragenen Anfragen nicht erkennbar. Die
Sorge, möglicherweise irgendwann die Rückbaukosten tragen zu müssen,
begründet keinen Einzelfall, sondern kann mit jedem zurzeit noch
kleingärtnerisch nutzbaren Behelfsheim verbunden sein. Es handelt sich
also um eine generell mit dem Eigentum verbundene Belastung. Diese kann
nicht grundsätzlich von der öffentlichen Hand übernommen werden.

3

Der Sinn der Kostenübernahme lag vor dem Deputationsbeschluss vom März
2015 darin, durch zeitnahe und einvernehmliche „Bereinigung“ rechtmäßige
Zustände auf dem betroffenen Grundstück herzustellen, die Bebauung also
entsprechend Bebauungsplan und Bundeskleingartengesetz auf max. 24 m² zu
begrenzen. Mit dem Deputationsbeschluss wurde genau dieses Vorgehen
ausgesetzt und die Behelfsheime geduldet.

Grundsätzlich ist es sinnvoll gut erhaltene Gebäudesubstanz aus
ökologischen und sozialen Gründen dort wo es rechtlich möglich ist zu
erhalten.

*2. Bis wann wird der als eine Aussetzungsvoraussetzung für die
Abrissvereinbarungen genannte Kleingartenentwicklungsplan vorliegen? *

Es ist vorgesehen, die Grundzüge des Kleingartenentwicklungsplans in
2020 vorzulegen.

*3. Beabsichtigt der Senat, die bestehenden Abrissvereinbarungen auch
darüber hinaus auszusetzen, soweit Gebäude rechtlich zulässig
kleingärtnerisch ge-nutzt werden? *

*4. Wie kann für Neupächter von Gebäuden, die bereits mit einer
ausgesetzten Abrissverfügung belegt sind oder für die eine
Abrissvereinbarung besteht, Rechtssicherheit hergestellt werden? *

*5. Unter welchen Voraussetzungen beabsichtigt der Senat, die Duldung
der anderen kleingärtnerisch genutzten Gebäude zu verlängern und wie
kann bei einer Neuverpachtung Rechtssicherheit hergestellt werden? *

*6. Sieht der Senat eine Möglichkeit, bei Neuverpachtungen solcher
Gebäude gegen Zahlung eines erhöhten Pachtzinses eine
Freihaltungszusicherung von möglichen Abrisskosten zu erklären, soweit
eine Abrissverfügung ausschließlich aufgrund der Dimension der
übernommenen Gebäude erfolgen sollte? *

*7. Wie beabsichtigt der Senat, dem politischen Willen, intakte – aber
zu große – Gebäude für eine kleingärtnerische Nutzung zu erhalten,
Geltung zu verschaffen, obwohl sich das Bauressort weigert, neue
Abrissvereinbarungen abzuschließen. *

*8. In welcher Form wird der Senat das beschriebene Problem mit dem
Landesverband der Gartenfreunde e.V. und betroffenen Kleingartenvereinen
gemeinsam bearbeiten? *

Antwort zu Fragen 3 bis 8, die gemeinsam beantwortet werden:

Die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie
hat am 05.03.2015 beschlossen, dass zum Kleingartenplan 2025 auch eine
Neufassung der für die bauaufsichtliche Praxis wesentlichen
Dienstanweisungen gehört, die mit allen relevanten Stellen abgestimmt
werden sollen. Dabei sei auch zu klären, bis zu welcher

Größe baulicher Anlagen eine Duldung langfristig in Betracht kommt, wie
mit bestehen-den Abrissvereinbarungen umzugehen ist und ob bzw.
inwieweit neue Abrissvereinbarungen angeboten werden sollen.

Dem Inhalt dieser Dienstanweisungen, die sich noch in Vorbereitung
befinden, kann nicht vorgegriffen werden. Daher gibt es auch noch keine
Klärung zu der Frage, ob eine indirekte finanzielle Beteiligung – etwa
durch Zahlung eines erhöhten Pachtzinses – zur Übernahme von
Abrisskosten führen kann. Ziel ist es, den genannten Auftrag der
Deputation so weit wie möglich umzusetzen. Rechtlich kann der Status der
Behelfsheime jedoch allenfalls einer „qualifizierten Duldung“
entsprechen, solange die Gebiete als Kleingärten ausgewiesen sind.
Rechtssicherheit im herkömmlichen Sinne wird also für übergroße bauliche
Anlagen auch bei ausschließlich kleingärtnerischer Nutzung durch eine
Dienst-anweisung und einen Kleingartenplan nicht zu erreichen sein. Eine
neue Dienstanweisung mit möglichen Festlegungen für eine Duldungspraxis
wird später ihrerseits wieder änderbar sein, auch wenn dies die Prüfung
voraussetzt, inwieweit ein möglicherweise erzeugtes Vertrauen in die
Duldungspraxis schutzwürdig sein kann.

Das Bauressort steht im Kontakt mit dem Landesverband der Gartenfreunde
e.V. und betroffenen Kleingartenvereinen. Entsprechend dem Beschluss der
Deputation wird mit ihnen die Überarbeitung der Dienstanweisungen
abgestimmt.

Hierzu wird der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr zeitnah zu einem
Gespräch mit dem Landesverband der Gartenfreunde e.V. einladen.

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