Frage an Antje Claaßen von Andreas H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Claaßen,
die LINKE tritt ja bekanntlich für eine Stärkung der Rechte benachteiligter Bevölkerungsgruppen ein. Da ich beruflich in der Beratung und Arbeitsvermittlung für schwerbehinderte Menschen tätig bin, interessieren mich Verbesserungsvorschläge in diesem Bereich sehr. Es müsste ein breiter gesellschaflicher Konsens sein, dass hier noch weites Feld mit politschem Handlungsbedarf besteht. Könnten Sie mal beispielhaft ein paar gesetzgeberische Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Perspektiven schwerbehinderter Menschen beschreiben, für die Sie sich ganz persönlich stark machen würden? Es wäre schön, wenn Sie die geforderten Maßnahmen etwas nach den Aspekten "kurzfristig/langfristig", "organisatorisch" und "finanziell" differenzieren könnten. Vielen Dank im voraus!
Sehr geehrter Herr Hauser,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage.
Ja, in der Frage der Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben besteht in der Tat dringender Handlungsbedarf. Das Ziel muß dabei die vollständige Teilhabe sein als selbstverständliche Teilnehmer am gesellschaftlichen Arbeitsleben ohne Ausnahmen und "besondere" Arbeitsmärkte.
Ein erster Schritt hierzu sollte sein, dass die bereits bestehenden Integrationsfachdienste personell und finanziell besser ausgestattet werden, damit jeder Behinderte diesen Dienste nutzen kann ohne langjährige Wartelisten. Weiterhin muss jeglicher zusätzliche Verwaltungsaufwand wie z.b. Beantragungen von Hilfen, behindertengerechten Ausstattungen etc. für Arbeitgeber beseitigt werden, die behinderte MitarbeiterInnen beschäftigen. Hierzu könnte ein gesetzlich vorgeschriebener Behindertenbeauftragter in Betrieben hilfreich sein, der, mit ausreichend Kompetenzen ausgestattet und öffentlich finanziert, diese Aufgaben sowie spezielle Team-Trainings für Führungskräfte und Mitarbeiter durchführen muss.
Internationale Erfahrungen zeigen, daß Kollegen mit Behinderungen stark zur Teambildung und zur Verbesserung des Betriebsklimas beitragen. Langfristig muß das Ziel sein, sowohl spezielle Behinderteneinrichtungen als auch beschützte Werkstätten überflüssig zu machen und weitgehend abzuschaffen. Sie fördern nur die Ausgrenzung und Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen.
Statt dessen müssen wir Bedingungen schaffen , die mit persönlicher Assistenz und Arbeitsbegleitung eine weitgehende Selbstbestimmung und vollständige Inklusion auch im ersten Arbeitsmarkt herstellen. Menschen sind nicht "Behindert", sie werden nur von unserer gegenwärtigen Gesellschaft behindert.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Claaßen