Frage an Annette Widmann-Mauz von Daniela J. bezüglich Recht
1. Was werden sie persönlich unternehmen, um rechtschaffenen Muslimen in Deutschland, und zwar sowohl den ausländischen als auch den oft in der Diskussion vernachlässigten deutschen Muslimen, ein Leben frei von Generalverdächtigungen, Diskriminierungen und ungerechtfertigten Überwachungen durch die Behörden zu ermöglichen?
(Ein Beispiel: Ein Mann wurde auf der Strasse von einer Poliziestreife nach seinen Papieren gefragt. Auf die Frage nach dem Grund erhielt er die Antwort: "Weil ihr Araber seid.")
2. Was werden sie zur Stärkung der Bürgerrechte der muslimischen Bürger unternehmen, damit diese endlich so leben, glauben und arbeiten können, wie jeder andere Bürger?
3. Was werden sie zur Stärkung der Position muslimischer Frauen mit islamischer Kleidung auf dem Arbeitsmarkt unternehmen?
4. Was werden sie unternehmen, um gemischt-nationalen Ehepaaren die Angst zu nehmen, dass der ausländische Ehepartner nach 1 oder 3 Jahren keinen Aufenthaltstitel mehr erhält?
Sehr geehrte Frau Junger,
haben Sie recht herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Gerne bin ich bereit, diese zu beantworten. Antwort auf die Fragen 1-4:
Als wehrhafte Demokratie muss die Bundesrepublik jegliche Art von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und politischen Extremismus bekämpfen. Am 30. Juni 2005 verabschiedete die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Antrag „Politischen Islamismus bekämpfen - verfassungstreue Muslime unterstützen“ (Bundestags-Drucksache 15/4260). In diesem Antrag forderte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Bundesregierung insbesondere dazu auf, „im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beizutragen, dass der Islam als Religion für über 3 Millionen in Deutschland lebende Muslime nicht der Definitionsmacht einiger politischer Islamisten überlassen wird. Die verfassungstreuen Muslime sind gegenüber dem politischen Islamismus zu stärken, der unser Gesellschaftssystem negierende politische Islamismus jedoch zu bekämpfen.“ CDU und CSU sprechen sich nachdrücklich gegen Generalverdächtigungen von muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Deutschland aus. Vielmehr müssen angemessene Instrumente genutzt werden, um den politischen Islamismus in Deutschland zu bekämpfen.
Deutschland ist ein weltoffenes Land, das im Laufe seiner Geschichte immer wieder Zuwanderer aufgenommen und nach Kräften integriert hat.
Integration bedeutet nicht Assimilation. Ziel von Integration ist nicht die vollständige Anpassung der Zuwanderer an die Kultur und die Lebensformen des Aufnahmestaates. Integration beinhaltet die Bejahung kultureller Vielfalt. Jeder muss sich aber uneingeschränkt zu den Grundwerten unserer Verfassung bekennen.
Soweit aber Positionen eingewanderter Kulturen zu den Grundwerten unserer Verfassung im Widerspruch stehen, gibt es keinen Anspruch auf Toleranz. Vielmehr gilt der Grundsatz: Unsere Verfassung gilt
uneingeschränkt für jeden.
Integration ist mit der Entstehung von Parallelgesellschaften oder gar Gegengesellschaften unvereinbar. Eine multikulturelle Gesellschaft im Sinne eines dauerhaften, unverbundenen Nebeneinanders unterschiedlicher gesellschaftlicher oder ethnischer Gruppierungen ist nicht akzeptabel und führt zum Verlust des Zusammenhalts und der Identität einer Gesellschaft.
CDU und CDU schlagen unter anderem folgende konkrete Maßnahmen vor, um den politischen Islamismus in Deutschland zu bekämpfen und verfassungstreue Muslime in Deutschland zu stärken:
- Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland muss in ihrem umfassenden Bedeutungsgehalt von allen in Deutschland lebenden Menschen, einschließlich der Muslime, vollständig und uneingeschränkt akzeptiert werden. Die Entfaltungsmöglichkeiten, die der religiöse Pluralismus den Muslimen in unserem Land einräumt, enden dort, wo deren Wirken die Anforderungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht mehr erfüllt.
- Islamistische Organisationen sind nicht mehr als vermeintliche Vertreter aller Muslime in Deutschland als Gesprächspartner zu akzeptieren.
- Wir würden es daher begrüßen, wenn sich die Muslime in Deutschland sowohl auf kommunaler Ebene, als auch auf Ebene der Länder und des Bundes so organisieren würden, dass der Staat verlässliche und auf dem Boden unserer grundlegenden Verfassungsprinzipien stehende Ansprechpartner vorfindet.
- Die Anstrengungen zur Integration aller nach Deutschland Zugewanderten müssen verstärkt werden. Integration meint nicht Assimilation, wohl aber die Anerkennung des Verfassungsstaates und der freiheitlichen demokratischen Leitkultur in Deutschland einschließlich eines erkennbaren Bemühens um das Erlernen der deutschen Sprache und der in diesem Land gewachsenen kulturellen Grundvorstellungen.
- Anzustreben ist, dass eine islamische religiöse Unterweisung für muslimische Schüler an deutschen Schulen und in deutscher Sprache und unter Überwachung der Schulaufsichtsbehörden durchgeführt wird, und zwar langfristig ausschließlich von in Deutschland ausgebildeten islamischen Religionslehrern.
- Bezüglich der Vergabe von Visa ist für eine konsequente Ablehnung für politische Islamisten zu sorgen. Die Visa-Vergabepraxis des Auswärtigen Amts ist nach wie vor untragbar und stellt ein Sicherheitsrisiko für unser Land dar.
- Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von muslimischen Mädchen und Frauen sicherzustellen. Insbesondere Zwangsheiraten verstoßen gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG und können nicht geduldet werden.
- Ebenso müssen vor dem Hintergrund der Abwägung des aufgrund des Bildungs- und Erziehungsauftrags aus Artikel 7 Abs. 1 GG im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht angebotenen Unterrichtes und dem aus Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG entspringenden Rechts auf Religionsfreiheit alle dem Staat zustehenden Möglichkeiten organisatorischer Art geprüft werden, so dass Muslima an schulischen Aktivitäten wie Klassenfahrten und Sportunterricht teilnehmen können.
- Innen-, Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik sind im Sinne einer kohärenten Politik zu verzahnen; nur dann kann die Abwehr des islamistischen Extremismus erfolgreich sein.
- Eine gemeinsame Islamisten-Datei der deutschen Sicherheitsbehörden ist einzurichten und eine Vernetzung der Datenbanken auf europäischer Ebene ist anzustreben.
- Auf Ebene der Europäischen Union sind Konzepte weiter zu verfolgen und zu verbessern, um die Finanzströme von politischen und militanten Islamisten nach Europa aufzuspüren und die dabei gewonnenen Erkenntnisse für die Sicherheitsbehörden verwertbar zu machen.
CDU und CSU treten für den konsequenten Schutz der Menschenrechte der in Deutschland lebenden Mädchen und Frauen aus dem islamischen Kulturkreis ein. Zwangsverheiratungen sind verboten. Die Nötigung zur Zwangsheirat wird unter einer unionsgeführten Regierung ein eigener Straftatbestand werden. Das Tragen des Kopftuches bei muslimischen Frauen kann mit guten Gründen als Symbol der Ungleichheit von Mann und Frau gewertet werden, was wiederum mit Art. 3 GG unvereinbar ist. Die CDU hat sich auf ihrem 17. Parteitag in Leipzig gegen das Kopftuchtragen von muslimischen Lehrerinnen an staatlichen Schulen ausgesprochen.
Bezüglich der geltenden Regelungen für gemischt-nationale Ehepaare sehen wir derzeit keinen Reformbedarf.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Annette Widmann-Mauz