Frage an Annette Widmann-Mauz von Franz-Josef M. bezüglich Gesundheit
Nach den Ausführungen der fünf Weisen beschäftigen sich Politiker derzeit mit der Einnahmenseite im Gesundheitswesen. Die eigentlichen Gefahren liegen dagegen auf der Ausgabenseite, wie Prof. Raffelhüschen in seiner Freiburger Agenda vorgetragen hat.
Wie schätzen Sie die Ausgabenseite in Relation zur Einnahmenseite ein? Sollte die Ausgabenseite die wichtigere sein, was hat man in Zukunft von Ihrer Partei zu erwarten?
Sehr geehrter Herr Müller,
voielen Dank für Ihre Frage. Ziel von CDU und CSU ist es, auch in Zukunft eine hochwertige Gesundheitsversorgung für alle zu sichern. Das geht nur, wenn die gesetzliche Krankenversicherung auf einem soliden Fundament steht. In der bestehenden Form behindert sie jedoch die Schaffung neuer Arbeitsplätze, verhindert mehr Effizienz im Gesundheitswesen, sorgt nicht für einen ausreichenden Wettbewerb zu Gunsten der Versicherten und wird schon bald wieder neue Defizite einfahren. Deswegen ist eine grundlegende Reform unumgänglich.
CDU und CSU werden dafür sorgen, dass höhere Sozialkosten nicht automatisch höhere Lohnabgaben bedeuten. Mehr „Netto vom Brutto“ für die Arbeitnehmer und bezahlbare Arbeitsplätze ist das Ziel. Die Gutverdiener sollen mehr bezahlen als die Normalverdiener, die Großen mehr als die Kleinen. Deshalb beginnen wir mit der Einführung der solidarischen Gesundheitsprämie. Die solidarische Gesundheitsprämie stellt die Finanzen des Gesundheitswesens auf eine zukunftsfähige Basis und fördert zugleich mehr Beschäftigung. Sie schafft mehr Transparenz im Gesundheitswesen; sie intensiviert den Wettbewerb zwischen den Kassen zu Gunsten der Versicherten, und sie macht die Einnahmen der Krankenkassen weniger anfällig gegen die zunehmenden Belastungen aus der Alterung der Gesellschaft. Elemente der solidarischen Gesundheitsprämie sind:
• Die Krankenkassen erhalten für jeden erwachsenen Versicherten eine Gesundheitsprämie als kostendeckenden Beitrag.
• Die Gesundheitsprämie wird erstens gespeist aus der persönlichen Prämie jedes Versicherten. Für Versicherte mit niedrigem Einkommen greift automatisch ein sozialer Ausgleich. Dabei ist klar: Niemand zahlt bei Einführung der solidarischen Gesundheitsprämie mehr als bisher.
• Die Gesundheitsprämie wird zweitens gespeist aus der Arbeitgeberprämie. Dieser prozentuale Anteil des Arbeitgebers wird festgeschrieben. Er bleibt zwar dauerhaft begrenzt und damit von der Entwicklung der Krankheitskosten abgekoppelt – aber nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung. Bei Rentnern zahlen die Rentenversicherungsträger den Arbeitgeberanteil.
• Kinder werden beitragsfrei versichert; die dafür erforderlichen Beträge werden aus Steuermitteln finanziert.
Die von SPD und Grünen propagierte „Bürgerversicherung“ ist keine geeignete Alternative zur solidarischen Gesundheitsprämie. Wenn alle Bürger in eine einheitliche Zwangsversicherung einzahlen müssen, findet Wettbewerb nicht mehr statt. Die Bürgerversicherung führt nicht zur Entkoppelung von Arbeits- und Gesundheitskosten; steigen die Aufwendungen für die Gesundheit, steigen wie bisher auch die Arbeitskosten. Die Bürgerversicherung gibt keine Antwort auf die Probleme der Bevölkerungsentwicklung. Diese Form der Versicherung wirkt wie eine Sondersteuer für kleine und mittlere Einkommen. Sie werden durch die Beitragsbemessungsgrenze gegenüber höheren Einkommen wesentlich stärker belastet. Das ist ungerecht.
Gesundheit ist ein hohes Gut. Deshalb gilt für uns der Grundsatz: Was medizinisch notwendig ist, muss im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Versicherten – unabhängig von Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand oder finanzieller Leistungsfähigkeit – erbracht werden. Klar ist auch: Ohne sozialverträgliche und begrenzte Eigenverantwortung in Form von Selbstbeteiligung und Zuzahlung wird kein zukunftsfähiges System auskommen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Annette Widmann-Mauz