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Annette Widmann-Mauz
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Frage von Ludger D. •

Frage an Annette Widmann-Mauz von Ludger D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz!

Ich bin als niedergelassener Hausarzt tätig und schlage mich täglich mit sinnloser Bürokratie herum, die mit die Zeit zur Behandlung meiner Patienten nimmt.

Beispiel:

Warum werden die Ärzte dazu gezwungen, die Praxisgebühr bar zu kassieren?

Gibt es irgendwelche sachlichen Gründe, die dieses Vorgehen zwingend nötig machen?

Warum wählt man eine derartig zeitaufwendige Methode, wo sich bargeldlose Verfahren seit vielen Jahren bewährt haben? Oder bekommen Sie Ihre Diäten auch bar ausbezahlt?

Sie halten das für ein marginales Problem?

Im Deutschen Ärzteblatt (JG 103, Heft 51-52, 25.12.2007), Seite 3450 ff) werden die Kosten allein für den Einzug der Praxisgebühr auf rund 220 Mio Euro jährlich geschätzt.

Nebenbei bemerkt:
Die Bürokratiekosten insgesamt im vertragsärztlichen Bereich belaufen sich auf 1,6 Milliarden Euro pro Jahr.

Man wird das Gefühl nicht los, dass man aus bestimmten politischen Kreisen den Ärzten ständig Knüppel zwischen die Beine wirft, warum auch immer.

Spätestens in 4 bis 5 Jahren wird es gerade im hausärztlichen Bereich massive Versorgungslücke geben. Die Bedarf an ärztlicher Leistung wird bei ständig wachsendem Anteil älterer Bevölkerung vermutlich auch nicht weniger.

Insofern verstehe ich Ihre Politik nicht ganz

Ich bin mal gespannt auf Ihre Begründung!

MFG

Dr. Ludger Dreismann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. Dreisman,

mit dem GKV-Modernisierungsgesetz wurde zum 1. Januar 2004 erstmals eine Zuzahlung im Bereich der ärztlichen Versorgung eingeführt, die im Jahr 2006 insgesamt 1,57 Milliarden Euro betrug. Für einen Besuch beim Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten wird beim ersten Besuch im Quartal eine Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro fällig. Alle weiteren Behandlungen bei diesem Arzt bzw. bei weiteren Ärzten mit Überweisung sind im gleichen Quartal zuzahlungsfrei.

Die Zuzahlung ist bei Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, bei zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen, bei Schutzimpfungen und der Schwangerenvorsorge nicht zu leisten. Die Praxisgebühr zählt zum ärztlichen Einkommen, d.h. sie wird mit den Honoraren verrechnet, die der Arzt von der Krankenkasse bekommt. Im Rahmen bestimmter Wahltarife können Zuzahlungsermäßigungen vorgesehen werden (§ 28 SGB V).

Ausdrücklich „in bar“ ist die Zahlung nicht vorgeschrieben. Vorgeschrieben ist aber „vor“ jeder 1. Inanspruchnahme in im Quartal (mit Ausnahmen, wie Notfälle usw), so dass es theoretisch dem Arzt auch ermöglicht sein dürfte, ein ec-Kartenterminal anzubieten zur Zahlung der Praxisgebühr vor der Behandlung).

Aber: hier gibt es jedoch die Möglichkeit, im Nachhinein der Belastung zu widersprechen, aus welchen Gründen auch immer. Dann passiert folgendes: der Arzt muss einmal mahnen. Wenn dann der Patient nicht zahlt (gilt auch bei nachträglicher Einziehung bei Notfällen), dann gibt der Arzt das der KV, die noch mal mahnt und alsdann das Mahn- bzw. Vollstreckungsverfahren einleitet mit weiteren Kosten, von denen die Kassen für das Verfahren 3.50 € plus Portokosten an die KV rückerstatten.

Das heißt, dass in allen Fällen der beharrlichen Nichtzahlung dem System erhebliche Kosten entstehen, die durch die vorherige Barzahlung vermieden werden.

Und außerdem: da dem Arzt im Falle von Nichtzahlungen (bei Notfällen) keinerlei Nachteile entstehen, weil ihm die Zahlung der 10 € nicht auf seinen Honoraranspruch angerechnet werden (weil die Zahlung eben nicht erfolgt ist), ist es ihm durchaus zumutbar, die Gebühr vor der (1.) Inanspruchnahme zu vereinnahmen. So dass man wohl trotz nicht ausdrücklich vorgeschriebener Barzahlung dazu kommen muss, dass bisher jedenfalls sinnvoller weise nichts anderes übrig bleibt als die vorherige Barzahlung. Insbesondere zur Vermeidung der kostenintensiven Beitreibungsfälle durch die KV.

D.h. also: mit der Verpflichtung des Arztes zur Vereinnahme dieser 10 € vor seiner Inanspruchnahme (Ausnahme Notfälle usw) stelle ich den Arzt frei vom Risiko der Realisierung bei Nichtzahlung (außer einem Mahnschreiben bleibt die Nichtzahlung für Ihn finanziell folgenlos) und stelle gleichzeitig sicher, dass die Selbstverwaltung nicht mit unnötigen Kosten belastet wird. Damit wird praktisch nur die Barzahlung übrig bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Annette Widmann-Mauz MdB

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