Frage an Annette Widmann-Mauz von Stephan R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,
nach dem beschämenden, vor allem aber bedrückenden Bekanntwerden der wahren Hintergründe über die Auswahl der "Endlager"-Standorte Gorleben und Asse wird immer mehr offenbar, daß hinter der glitzendernden und ach so umweltfreundlichen Fassade der Atomstrom-Lobby letzten Endes nur handfeste kommerzielle Interessen derer standen, die ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung der Öffentlichkeit und der Politik den Atomstrom als "sauber" und "billig" (komisch, warum ist dann in Deutschland der Strom so teuer (gewesen)...?) verkauft haben und dabei - immer wieder mit vielen Steuermillionen subventioniert - kräftig in ihren eigenen Geldbeutel gewirtschaftet haben.
Deshalb meine Frage: Wie stellt sich die CDU nach dem kläglichen Versagen der Atomaufsicht(en) und den nun manifesten verheerenden Folgen für Mensch und Umwelt die Lösung der Endlagerfrage für atomare Abfälle vor?
Insgesamt: Wie rechtfertigen Sie angesichts dieses komplett ungelösten, aber immens wichtigen Teilaspektes der Atomenergie überhaupt noch die Nutzung von Atomkraft zur Energieerzeugung, vor allem aber den ja schon von vielen Parteikollegen vollmundig angekündigten "Ausstieg aus dem Ausstieg"?
Es wäre sehr wünschenswert, wenn Sie diese Anfrage noch VOR der Bundestagswahl beantworten könnten.
Vielen Dank schon im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Rupp
Sehr geehrter Herr Rupp,
vielen Dank für Ihre Email, zum Betrieb von Kernkraftwerken und den daraus entstehenden Folgen für Mensch und Umwelt.
Ihre Bedenken hinsichtlich der Nutzung von Kernenergie kann ich aufgrund der gegenwärtigen Präsenz dieses Themas in den Medien sehr gut nachvollziehen. Gerne möchte ich Ihnen meinen Standpunkt zu diesem Thema im Folgenden darstellen.
Selbstverständlich setze ich mich für die Förderung der Erneuerbaren Energien ein und unterstütze den Ausbau erneuerbarer Energie- und Klimaschutztechnologien in ihrer gesamten Bandbreite. Deshalb setze ich mich für einen breiten klimafreundlichen Energiemix ein. Zu diesem gehört bislang auch die Kernenergie als unverzichtbarer Teil der gegenwärtigen Energieversorgung. Wir brauchen die Kernenergie als Brückentechnologie, da bisher genauso klimafreundliche und kostengünstige Alternativen noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind. Allerdings kommt für mich ein Anlagenneubau absolut nicht in Frage. Zudem kommt für die Union eine Laufzeitverlängerung unserer Kernkraftwerke nur in Betracht, wenn neben der Sicherheit der Anlagen, der Großteil des zusätzlich generierten Gewinns aus der Laufzeitverlängerung zur Forschung im Bereich Energieeffizienz und erneuerbarer Energien und zur Senkung der Strompreise genutzt wird. Unsere ehrgeizigen Klimaziele schließen zudem die Energiegewinnung aus zusätzlichen Kohlekraftwerken, die die Versorgungslücke nach einem kompletten Atomausstieg schließen müssten, selbstverständlich aus. Dies sind wir unserem Naturerbe und den nachfolgenden Generationen schuldig.
Die Politik steht in der Verantwortung für das, was sie tut, aber auch für das, was sie nicht tut. Dies betrifft besonders die Frage der Endlagerung. Zwar ist bei der SPD der Kernenergieausstieg beschlossene Sache, doch in ihrem Konzept findet sich keine Klärung zur Lagerung der bis 2020 aktiven Brennstäbe. Die Lösung der Endlagerfrage wird politisch bewusst verschleppt. Dieses drängende Problem lässt sich aber nicht aussitzen. Deshalb sucht die Union seit Jahren adäquate und sichere Wege zur Lösung dieser Problematik. Ein wesentlicher Baustein unserer Endlagerstrategie ist der Schacht Konrad, der 2013 endgültig in Betrieb gehen soll. In diesem werden vor allem schwach- oder mittelradioaktive Abfälle sicher endgelagert werden. Für hochradioaktive Abfälle ist bislang das Endlager Gorleben vorgesehen. Knapp vier Jahre lang hat Bundesminister Gabriel immer wieder geäußert, dass Gorleben ein geeigneter Endlagerstandort sein könnte. Vier Wochen vor den Wahlen erklärt er den Standort plötzlich für tot. Ob Gorleben für die Endlagerung geeignet ist, kann nur festgestellt werden, wenn es seriös erkundet wird. Die Vorschläge der Union hierfür liegen seit Jahren auf dem Tisch.
Was die Frage der Sicherheit der Kernkraftwerke und der Verantwortung für diese betrifft, so werden nach Auskunft der Bundesregierung alle deutschen Anlagen im internationalen Vergleich auf hohem Sicherheitsniveau betrieben. Auch internationale Experten, wie die der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), bescheinigen deutschen Kernkraftwerken ein hohes Sicherheitsniveau (zuletzt am 4. September 2009) und auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) kommt in einem Bericht vom Oktober 2007 zum gleichen Ergebnis. Zwar war der Vorfall in Krümmel, auf den Sie meines Erachtens vorliegend eingehen, nach international festgelegten Sicherheitsstandards kein „Störfall“ und der Kernbereich war definitiv nicht betroffen, dennoch bin ich genauso wie Sie in höchstem Maß darüber verärgert, wenn Betreiber nachlässig mit der Meldepflicht für solche Vorkommnisse umgehen.
Unzuverlässigkeiten sind auf diesem Gebiet nicht hinnehmbar. Wenn Betreiber keine Transparenz gewährleisten können oder wollen, muss die Betriebserlaubnis für das betroffene Kraftwerk konsequent entzogen werden. Die zuständige Behörde hierfür ist das BMU unter Minister Gabriel.
In der Hoffnung, Ihnen meine Position zum Thema Kernkraft transparent gemacht zu haben verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Gez. Annette Widmann-Mauz MdB