Frage an Annette Widmann-Mauz von Hans-Martin G. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,
nach Ihrem System der Gesundheitsprämie, würde die Private Krankenversicherung nach wie vor bestehen bleiben. Das würde dann aber auch bedeuten, dass die 2-Klassen-Medizin auch weiterhin erhalten bleibt. Finden Sie es gerecht, dass ein Beamter oder sonstiger Privat-Versicherter eine bessere Versorgung und vor allen Dingen bessere Ärzte in Anspruch nehmen kann als ein gesetzlich Versicherter? Es kann doch nicht gerecht sein, wenn der gesetzlich Versicherte weiterhin der Dumme sein soll. Wie stehen Sie zu dieser Frage?
Sehr geehrter Herr Günther,
vielen Dank für Ihre Frage. Im Kern geht es dabei um zwei Fragen: 1. Lassen sich die Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung eher durch Prämienmodelle oder eine einheitliche Bürgerversicherung lösen? 2. Welche Rolle spielen dabei die privaten Krankenversicherungen und das Beihilfesystem der Beamten?
Hauptproblem der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Rückgang der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse infolge hoher Arbeitslosigkeit, der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, zunehmender Schwarzarbeit und einer voranschreitenden Alterung unserer Gesellschaft. Das bedeutet, die Basis für die Solidargemeinschaft wird im heutigen System immer schmäler, - die Belastung darauf aber immer größer.
Die zwangsweise Einbeziehung von Privatversicherten wie Beamten und Selbstständigen hilft da nicht weiter. Sowohl diese Personengruppe als auch die privaten Versicherungsunternehmen genießen Vertrauensschutz und bei einer Abschaffung der privaten Krankenversicherung würde in Berufs- und Eigentumsrechte der Betroffenen in verfassungswidriger Weise eingegriffen. Daher bedürfte es jahrzehntelanger Übergangsregelungen, um Privatversicherte wie Beamte und Selbstständige in das System der GKV einzubeziehen. Darüber hinaus kann durch diesen Akt von einer Stabilisierung der Finanzgrundlagen keine Rede sein. Eine Vergrößerung des pflichtversicherten Personenkreises bringt nämlich nicht nur zusätzliche Einnahmen, sondern hat auch zusätzliche Ausgaben zur Folge.
Die Union will die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung mit der solidarischen Gesundheitsprämie stabilisieren.
Die solidarische Gesundheitsprämie setzt sich aus einer persönlichen Gesundheitsprämie und einer Arbeitgeberprämie zusammen. Die persönliche Gesundheitsprämie wird auf der Grundlage der Leistungsausgaben je Versichertem ermittelt. Damit niemand, vor allen Dingen nicht Geringverdiener und Kleinstrentner, finanziell überfordert werden, ist eine Belastungsgrenze vorgesehen. Übersteigt die Höhe der persönlichen Prämie die Belastungsgrenze, erhält die Krankenkasse des Versicherten unbürokratisch von der Finanzverwaltung, die ohnehin sämtliche Einkünfte eines Steuerpflichtigen erfasst und sie mit seinen absetzungsfähigen Aufwendungen verrechnet, Mitteilung über den noch fehlenden Betrag, der aus einem Sondervermögen finanziert wird, das sich aus den Arbeitgeberanteilen speist.
Die Arbeitgeber zahlen in Zukunft für jeden Arbeitnehmer einen dauerhaft festen Satz des beitragspflichtigen Bruttoeinkommens. Die Festschreibung des Arbeitgeberbeitrages führt zu einer weitgehenden Entkoppelung der Gesundheits- von den Arbeitskosten.
Kinder sind auch weiterhin beitragsfrei mitversichert. Die Gesundheitskosten der Kinder sollen in Zukunft aber aus Steuermitteln finanziert werden, weil die größte und gerechteste aller Solidargemeinschaften die Steuergemeinschaft ist. Denn hier zahlen Bezieher höherer Einkommen auch höhere Steuern und werden damit stärker zu Finanzierung der Gesundheitskosten der Kinder herangezogen. Dazu soll der Spitzensteuersatz von 42% auf 39%, statt wie bisher vorgesehen auf 36% gesenkt werden. Ansonsten bleibt es bei dem Konzept der Union für ein neues Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen und einfachen Regeln.
Die Union ist überzeugt, dass mit ihrem Konzept einer solidarischen Gesundheitsprämie die gesetzliche Krankenversicherung wieder auf ein stabiles finanzielles Fundament gestellt werden kann; die GKV vor konjunkturellen Einflüssen und den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft geschützt ist und der Faktor Arbeit entlastet wird. Ohne diese grundlegenden Reformen drohen weitere Leistungseinschränkungen oder Beitragssatzsteigerungen. Beides ist für CDU und CSU nicht akzeptabel.
Bei dem von der Union angestrebten solidarischen Gesundheitsprämienmodell wird es darauf ankommen, die Wettbewerbsbedingungen zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und privater Krankenversicherung so auszugestalten, dass beide Systeme fair miteinander konkurrieren können und es nicht zu weiteren Belastungen gerade für ältere Privatversicherte kommt. Eine Einbeziehung der Privatversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung – wie sie im System der Bürgerversicherung vorgesehen ist – lehnen wir aber ab. CDU und CSU halten an der eigenständigen Krankenversorgung für Beamte im Rahmen der jetzigen Beihilfe fest.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Annette Widmann-Mauz