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Annette Widmann-Mauz
CDU
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Frage von Frau K. •

Frage an Annette Widmann-Mauz von Frau K. bezüglich Umwelt

Guten Tag Frau Widmann-Mauz!
Ich habe früher CDU gewählt, weil ich aus einem christlich-bürgerlichen Hintergrund komme. Mittlerweile bin ich eher schockiert über ihr Wahlprogramm. So kann ich einige Punkte weder als Christ noch als Ökologin nachvollziehen. Ich beschränke mich jetzt mal nur auf drei ökol. Fragen:

1. Welchen Sinn soll es haben, in die alte Abhängigkeit "Kernenergie" wieder rückzufallen? Sie ist doch schon längst als viel zu riskant erkannt worden (gerade im Hinblick auf die Terroranschläge). Außerdem beschert sie uns ewiglange krebsgefährliche Entsorgungsprobleme? Wer will schon in der Nähe eines Kernkraftwerkes leben oder in der Nähe eines Entsorgungslagers für Kernenergie?

2. Was soll bei der Natura 2000 Richtlinie "Umsetzung mit Augenmaß" bedeuten? So pi mal Daumen? Bloß nicht zu genau nehmen? Risiken und Nebenwirkungen von Eingriffen in die Landschaft sollte man meiner Meinung nach auch in der Planung ernstnehmen, denn langfristig entstehen durch ökologische Schäden extreme ökonomische Schäden, siehe Hochwasserschäden. Würde mich wirklich interessieren, was der Begriff "Umsetzung mit Augenmaß" bedeuten soll? Also ich arbeite als Umsetzer von Natura 2000 lieber wissenschaftlich fundiert, nicht allein mit Augenmaß.

3. Erklären Sie mir bitte, was in der Unionspolitik der Begriff "Nachhaltigkeit" bedeutet?
Als Diplom-Ökologin verstehe ich darunter anscheinend etwas völlig anderes.

MfG
Koelman

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Koelman,

vielen Dank für Ihre drei Fragen. Zu ersten Frage: Der rot-grüne Atomausstieg ist wenig starksinnig. Ich trete für eine Energiepolitik mit Vernunft und Augenmaß ein. Ich bin für die Förderung Erneuerbarer Energien, also Wind, Wasser, Sonnenenergie und Biomasse. Ihr Anteil an der Stromerzeugung soll in den kommenden Jahren weiter steigen. Ich halte es für selbstverständlich, dass wir regenerative Energien weiter fördern. Das haben wir sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir werden zunächst einmal die avisierte Quote von 12,5 Prozent Anteil der Regenerativen an der Stromerzeugung erreichen wollen. Ich glaube, dass das geht. Und wir werden dabei die Akzente etwas anders setzen. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass mehr bei Biomasse getan werden muss. Ich glaube, das ist eine ganz vernünftige Vorgehensweise. Aber ohne Kernenergie ist eine globale Lösung der CO2-Problematik derzeit undenkbar. Mit Wind- und Solarenergie allein sind der drastisch steigende Energiebedarf und die weltweiten Klimaschutzziele nicht in Einklang zu bringen. Wir brauchen daher die Kernkraft auch weiterhin in Deutschland. Die Betriebsdauer der deutschen Kernkraftwerke muss sich ausschließlich an der Gewährleistung des größtmöglichen Sicherheitsniveaus jeder Anlage orientieren. Es macht keinen Sinn, sichere Kraftwerke bei uns vorzeitig zu schließen, um dann Strom aus unsicheren Atomkraftwerken aus dem Ausland zu importieren.

Zur zweiten Frage: Natura 2000 ist ein zusammenhängendes ökologisches Netz von Schutzgebieten in Europa. Natürliche und Natur nahe Lebensräume und gefährdete wildlebende Tiere und Pflanzen sollen hier geschützt und erhalten werden. Die Europäischen Gemeinschaft hat im Mai 1992 einstimmig - also auch mit der Stimme der Bundesrepublik Deutschland - diesen Beschluss für die Verbesserung der gemeinschaftlichen Naturschutzpolitik gefasst. Grundlage des Netzes Natura 2000 ist die Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, auch FFH-Richtlinie genannt (92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992). Das Kürzel FFH steht für
• Fauna = Tierwelt,
• Flora = Pflanzenwelt,
• Habitat = Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten.
In der FFH-Richtlinie sind Ziele, naturschutzfachliche Grundlagen und Verfahrensvorgaben zur Errichtung des Netzes Natura 2000 niedergelegt. Zentrale Bestimmung der FFH-Richtlinie ist: Jeder Mitgliedstaat muss Gebiete benennen, erhalten und ggfs. entwickeln, die für gefährdete Lebensräume und Arten wichtig sind. Bereits 1979 hatte der Rat der Europäischen Gemeinschaft eine Richtlinie erlassen, die der FFH-Richtlinie ähnelt: Die Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, EG-Vogelschutz-Richtlinie (79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979). Auch diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten - wie die FFH-Richtlinie- besonders geeignete Gebiete zu benennen und zu erhalten, allerdings speziell zum Schutz wildlebender Vogelarten. Die FFH-Richtlinie klammert deshalb die Vogelarten aus.
Das Netz Natura 2000 soll aus Gebieten gemäß der FFH-Richtlinie (FFH-Gebiete) und der EG-Vogelschutzrichtlinie (EG-Vogelschutzgebiete) bestehen, wobei sich die beiden Gebietskategorien durchaus auch überlappen können.

Wollen wir in der Umwelt- und Naturschutzpolitik erfolgreich sein, so kommt es wesentlich darauf an, sich auf europäischer Ebene, aber auch international dafür einzusetzen, Umweltstandards gleichermaßen zu formulieren und zu kontrollieren. Eine wirkungsvolle Umweltpolitik braucht überzeugende Strategien. Wir werden hierzu endlich konkrete Schritte einleiten. Wir kämpfen für eine gleichwertige Beteiligung des ländlichen Raumes an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Der ländliche Raum muss attraktiver Wirtschaftsstandort sein, wenn er alle seine Funktionen auch im Natur- und Umweltschutz erfüllen soll. Wir, die Union, wollen Natur schützen, entwickeln und wiederherstellen - und dies im Miteinander von Ökonomie, Ökologie und der sozialen Komponente. Dabei wollen wir die Menschen in unserem Lande einbezogen wissen. Um dies zu erreichen bedarf es neben wissenschaftlichen Konzepten auch eines gewissen Fingerspitzengefühls.

Nun zu Ihrer dritten Frage: Ein nachhaltiger Umweltschutz muss auf mehr Eigenverantwortung und auf weniger Reglementierung setzen.

Umweltschutz ist heute nicht mehr allein Sache des Staates, sondern ebenso der Wirtschaft und vor allem der Bürger. Eine nachhaltige Umweltpolitik wendet sich gegen Überregulierungen. Ordnungsrecht wird zwar auch künftig ein Instrument des Umweltschutzes sein, soweit es um die Abwehr von Gefahren geht. Jedoch muss im Bereich der Vorsorgepolitik das wenig flexible Ordnungsrecht durch den Einsatz flexibler, marktwirtschaftlicher Instrumente zunehmend ersetzt werden. Die Verschärfung von Grenzwerten kann zwar zuverlässig eine weitere Reduzierung von Schadstoffbelastungen erzwingen. Je mehr diese Grenzwerte verschärft werden, desto schlechter wird jedoch das Verhältnis von Kosten und Nutzen sein. Überhaupt gerät unter dem Eindruck, dass Umweltpolitik auch Wirtschaftspolitik ist, die ordnungsrechtliche Ausrichtung der Umweltpolitik zunehmend in die Kritik.

Die hohe Regulierungsdichte zusammen mit der mangelnden Ausstattung der Vollzugsbehörden führt zu langen Prüfungsverfahren, teilweise zu Vollzugsdefiziten. Sind die Auflagen zum Erreichen eines Grenzwertes erfüllt, wird kein Anreiz geboten, weitere Anstrengungen zum Wohle der Umwelt zu unternehmen. Überdies nimmt das Ordnungsrecht keine Rücksicht auf individuelle Kosten. Auflagen werden pauschal erlassen, ohne die spezifischen Kosten der einzelnen Unternehmen einzubeziehen.

Eine nachhaltige Umweltpolitik setzt auf das Instrument der Selbstverpflichtungserklärung und den Einsatz marktkonformer Instrumente. Eigeninitiative muss belohnt werden, daher muss eine nachhaltige Umweltpolitik die Anerkennung des Öko-Audits stärken und dafür sorgen, dass die freiwillige Zertifizierung von Unternehmen durch entsprechende Privilegierungen belohnt wird.

Zu den Prioritäten einer nachhaltigen Umweltpolitik gehört der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen Ein wirksamer Umweltschutz kann nur gelingen, wenn es unserer Industriegesellschaft gelingt, stärker als bisher energiesparend zu wirtschaften. Dem schonenden Umgang mit den zum Teil endlichen Energieträgern steht der Schutz der natürlichen Ressourcen gleich. Erforderlich ist eine globale Strategie zum Schutz von Boden und Luft. Ressourcenschutz darf nicht mehr länger nur der nationalen Verantwortung unterliegen. Er muss durch internationale Konventionen abgesichert in die Verantwortung der Weltgemeinschaft gestellt werden.

Ressourcenschonung bedeutet auf nationaler Ebene, die Naturhaushalte im Gleichgewicht zu halten. Biodiversität und Artenvielfalt sind wichtige Ziele einer nachhaltigen Umweltpolitik. Der Naturschutz muss einem kooperativen Ansatz folgen. Die Belange von Naturnutzern und Naturschützern müssen ausgeglichen werden. Der Gegensatz zwischen Landwirtschaft und Naturschutz muss endlich in einem weiterentwickelten Vertragsnaturschutz überwunden werden. Dies muss auch bedacht werden, wenn man daran geht, Konzepte zur Stärkung des ländlichen Raumes zu schaffen.

Beispiele für einen kooperativ verstandenen Naturschutz können Patenschaftsprojekte sein, die die Naturschutzflächen in die Obhut der in der Natur und mit der Natur wirtschaftenden Menschen stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Annette Widmann-Mauz

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