Frage an Anne Spiegel von Charly M. bezüglich Kultur
Hallo liebe Anne Spiegel,
auf Grund eines ersten symphatischen Eindrucks auf einer Wahlkampfveranstaltung hab ich versucht deine Standpunkte und Ziele zu recherchieren...bin dabei doch zunehmend auf sehr zweifelhafte Zusammenhänge gestoßen.Gegen was genau demonstrierst du, wenn du auf anti-amerikanischen Demos die Anti-Bush Fahne schwenkst und trägst du das Pali-Tuch aus Solidarität zu dem ehemaligen Mufti von Jerusalem, der bei Unterlassung Steinigungsstrafen ausprach oder dem Club islamistischer Selbstmordattentäter? Wohl weniger, oder? Es sei nur darauf verwiesen, dass genau aus diesen Gründen die Rechtsextremisten in Deutschland dieses Symbol für sich gewonnen haben... und das es Zeugniss für eine lange beständige Verirrung in der deutschen Linke ist. Wenn du dazu Stellung beziehen würdest, wäre mir sehr geholfen.
Grüsse Charly
Hallo lieber Charly Marx,
ich habe am 23. Februar 2005 an der Demonstration „Not welcome, Mr Bush!“ teilgenommen, weil ich massive Probleme mit vielen politischen Forderungen und Handlungen des US-amerikanischen Präsidenten habe: Die Militärgewalt gegen die Zivilbevölkerung im Irak, Angriffe gegen ZivilistInnen und Misshandlung von Gefangenen sind nur einige Punkte, die mich dazu bewogen haben, im Februar letzten Jahres – gemeinsam mit vielen anderen TeilnehmerInnen – in Mainz auf die Straße zu gehen und friedlich dagegen zu demonstrieren.
Zum sogenannten „Pali“, dem Palästinensertuch, das ich während der Demonstration getragen habe: Ich stimme zu, dass diese Tuch ein politisches Symbol darstellt und weiß, dass dieses Tuch zunehmend auch von Menschen aus der rechtsextremen Szene getragen wird. Allerdings sollte diese Tatsache keinesfalls dazu führen, ein Pali per se als ein Symbol der rechtsextremen Szene zu deuten. Was die Definitionsmacht des Palästinensertuchs angeht, so dürfen wir diese nicht den AnhängerInnen der rechten Szene überlassen!
Politische Symbole wie beispielsweise das Palästinensertuch bergen die Gefahr, von verschiedenen Gruppen instrumentalisiert und zweckentfremdet zu werden. Bei den politisch Linken hingegen hat das Pali eine lange Tradition. Und wer das Pali aus Solidarität mit dem Wunsch der Palästinenser nach einem eigenen Staat (mit friedlichen Mitteln) trägt, muss deswegen noch lange nicht dem Staat Israel seine Existenzberechtigung absprechen wollen, im Gegenteil: als Palituch-Trägerin bin ich ganz klar für die Zwei-Staaten-Lösung und distanziere mich vehement und ausdrücklich vom menschenverachtenden Terror mancher Palästinenser-Organisationen. Ich hoffe, dass es zwischen Israel und Palästina eine Einigung auf friedlichem Wege gibt, die von beiden Seiten akzeptiert wird.
Mit besten Grüßen,
Anne Spiegel