Frage an Anna Lührmann von Chris S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Anna,
ich bin davon überzeugt, dass man Frieden nur ohne den Einsatz von Waffen schaffen kann.
Vielmehr sollte das Geld, was wir in Waffen, Soldaten, Auslandseinsätze und andere militärische Güter investiert werden, in die Entwicklungshilfe gehen.
Für Kriege sollte Deutschland weder Geld noch Blut hergeben.
Können Sie mir sagen, in welchen Ländern heute Bundeswehrsoldaten stehen?
Die Grünen waren einst die Partei der Friedens- und Freiheitsaktivisten. Nunmehr sammeln sich diese Personen mehr und mehr hinter der Linken.
Warum ist das nicht mehr so wie früher?
Warum führte eine Rot-Grüne Regierung viele Kriege?
Warum stimmen die Grünen (nicht alle / aber auch Sie) für Kriege?
Bitte holt unsere Soldaten nach Hause!!
Liebe Grünen,
liebe Anna,
Bitte macht es mir möglich, Euch wieder meine "Friedens"stimme geben zu können.
Gruß Chris
Hallo Chris,
ich teile Ihre Skepsis gegen über Kriegseinsätzen. Die grüne Außenpolitik steht nach wie vor in erster Linie in einer pazifistischen Tradition. Auch heute zielt grüne Sicherheitspolitik in allererster Linie auf Konfliktprävention und zivile Methoden der Konfliktbearbeitung. Krieg ist für uns nicht die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln. Die großen sicherheitspolitischen Probleme des 21. Jahrhunderts können nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden. Deshalb muss der Verteidigungsetat reduziert werden und vom Wehrpflicht auf eine Berufsarmee umgestellt werden. Allerdings ist seit dem Massaker in Srebrenica der radikale Pazifismus keine Option mehr für grüne Außenpolitik. Schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen notfalls auch mit militärischer Gewalt beendet werden. Denn man kann sich schuldig machen sowohl durch Zustimmung zu Militäreinsätzen als auch durch untätiges Zuschauen wie (Hundert-)tausende von Menschen abgeschlachtet werden. Daher war die Zustimmung zum Einsatz der NATO im Kosovo unter rot-grün richtig.
Die allermeisten militärischen Einsätze der internationalen Staatengemeinschaft geschehen auf Wunsch der Konfliktparteien (Mazedonien, Kongo, Libanon). Mit der Zustimmung zu diesen Einsätzen habe ich keinem Krieg zugestimmt, sondern der Absicherung einer politischen Lösung (Peacekeeping). Gerade der Einsatz von europäischen Soldaten in Mazedonien ist ein Parade- Beispiel für sinnvolle Einsatzformen von Militär: Es wurde ein Friedensabkommen zwischen den beiden Konfliktparteien verhandelt und die europäischen Soldaten kamen dann als neutraler Beobachter der Umsetzung des Friedensabkommens zum Einsatz (z.B. Einsammlung von Waffen). Ohne diese Überwachung hätten die Konfliktparteien dem Friedensabkommen womöglich nicht zugestimmt und ein Bürgerkrieg hätte begonnen. In Afghanistan bietet sich heute ein ähnliches Bild: Nach einem Abzug der UN-legitimierten ISAF-Schutztruppe würde dort ein Rückfall in den dreißigjährigen Bürgerkrieg drohen, der das Land in den letzten Jahrzehnten verwüstet hat. Gleichzeitig muss aber die Strategie in Afghanistan geändert werden: die illegitime Mission OEF muss beendet werden, die ISAF- Truppen müssen mehr auf Verhandlungen setzen und weniger aggressiv vorgehen. Außerdem muss die zivile Hilfe dringend aufgestockt werden.
Zu Ihrer Frage nach den Zahlen:
Derzeit sind ca. 7.000 Soldaten im Auslandseinsatz und weitere 650 stehen auf Abruf kurzfristig bereit:
LAND / IST-Zahl:
Afghanistan Termez/ Usbekistan) / 3.400
Kosovo / 2.300
Bosnien-Herzegowina / 530
Sudan / 41
Äthiopien/Eritrea / 2
Georgien / 11
Libanon / 1.050
Horn v. Afrika / 250
Mit freundlichen Grüßen
Anna Lührmann