Warum unterstützen Sie Planungen wie Rhein-Main-Link und Ultranet statt mehr für dezentrale Energieversorgung mit Erneuerbaren zu tun?
Sehr geehrte Frau Lührmann,
warum sollen Stromautobahnen, die vor allem den Netzbetreibern und Stromkonzernen eine hohe Rendite sichern, unser Land durchziehen statt auf dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu setzen? Um Windräder auf dem Taunuskamm ist es merklich still geworden, auch aus Ihrer Partei. Von einer Solaroffensive mit attraktiven Förderungen, ist nichts zu merken. Stattdessen werden unsere Hochheimer Weinberge durchlöchert und wie wir seid Ultranet wissen, geht es Amprion nur um Profit und nicht um die Menschen vor Ort. Auch der BUND Hessen fordert vor diesem Hintergrund einen Neustart der Netzplanungen, die völlig überdimensioniert sind.
Also Frau Lührmann, wann machen die Grünen endlich wieder Politik für die Klimabewegung und nicht für die Stromkonzerne?

Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die Stromnetze in Deutschland und Hessen reichen aktuell nicht aus, um den Erneuerbaren Strom zu verteilen und die wachsenden Bedarfe in Industrie und privaten Haushalten zu erfüllen. Hohe Strompreise aufgrund von umständlichen, kurzfristigen Maßnahmen zum Ausgleich von Kapazitätsmangel, sind die Folge. Und deshalb befürworte ich selbstverständlich die dezentrale Stromversorgung. Dort, wo Strom benötigt wird, sollte er nach Möglichkeit auch produziert werden. Das entlastet die Stromnetze, letztlich auch unser aller Geldbörsen.
Das wird allerdings nicht ausreichen. Strom wird künftig für Wärme und Verkehr benötigt. Zudem wird allein im Rhein-Main-Gebiet in den kommenden Jahren ein Zubau von Rechenzentrumsleistungen um ein Gigawatt erwartet. Das sind Bedarfe, die durch dezentrale Stromproduktion schlicht nicht zu stemmen sind. Deshalb brauchen wir dringend sauberen Windstrom aus Norddeutschland. Auch ist es effizient Strom in den windreichen Seegebieten zu produzieren.
Nachdem die Große Koalition den Netzausbau jahrelang verschleppt hat, haben wir die Verfahren endlich beschleunigt. Mir war und ist wichtig, dass der Netzausbau mit den Gegebenheiten vor Ort verträglich ist. Nur das schafft Akzeptanz. Deshalb habe ich mich gemeinsam mit der Winzerschaft in Hochheim und anderen Akteuren erfolgreich dafür eingesetzt, dass Amprion die Probebohrungen - anders als geplant - nicht bei allen drei Ausbauvarianten durchführen wird, sondern lediglich bei der geeinten sogenannten Winzertrasse. In Gesprächen mit der Hochheimer Winzerschaft habe ich dazu vor allem eines zur Kenntnis genommen: Große Erleichterung. Und genau das ist die Politik, für die ich mich einsetze. Denn nur gemeinsam können wir die notwendigen Schritte in Richtung Zukunft gehen.
Ich danke Ihnen für den Austausch.
Mit freundlichen Grüßen
Anna Lührmann