Anna Lührmann
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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Kim C. •

Ist Ihrer Partei bewusst, dass die aktuelle Migrationspolitik dazu führt, dass die rechten Parteien Zuspruch erhalten? Was gedenkt Ihre Partei dagegen zu tun in einer potentiellen Regierung?

Anna Lührmann
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Deutschland hat in den vergangenen 10 Jahren vielen Menschen Schutz gewährt, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind - insbesondere aus dem Nahen Osten, aber auch aus der Ukraine. Das ist eine enorme Kraftanstrengung, die die Menschen in Deutschland mit viel Engagement gemeinsam stemmen. Es ist unbestritten, dass damit auch große Herausforderungen einhergehen, etwa bei der Unterbringung oder der Integration in das Schulsystem.

Wir arbeiten seit Jahren an Maßnahmen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Essentiell ist dafür ein funktionierendes europäisches Asylsystem. Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen war es die Ampelregierung, die sich erfolgreich für eine Verabschiedung der Reform eingesetzt hat. Mit der Umsetzung der Reform ab kommendem Jahr wird ein geordnetes Verfahren geschaffen, um Asylgesuche bereits an den EU-Außengrenzen zu prüfen. Gleichzeitig sieht die Reform eine fairere Lastenteilung unter den Mitgliedstaaten vor. Unter der Ampelregierung haben sich zudem die Abschiebezahlen verdoppelt und die Zahl der Asylgesuche ging zuletzt um 100.000 zurück.

Wir Grüne haben zudem konkrete Vorschläge gemacht, um Anschläge wie zuletzt in Aschaffenburg und München zu verhindern. Dazu gehören auch eine Stärkung und bessere Vernetzung unserer Sicherheitsbehörden und eine schnellere Abschiebung von nichtdeutschen Gefährdern (Details finden Sie hier: https://www.gruene.de/artikel/wort-statt-wortbruch). Was wir allerdings nicht aus den Augen verlieren dürfen: wir müssen auch mehr für die Integration der Menschen tun, die bereits hier sind. Das bedeutet zum einen, geflüchteten Menschen, die Furchtbares erlebt haben, psychologische Hilfe zukommen zu lassen. Die Attentäter hatten ganz überwiegend psychische Erkrankungen. Zum anderen muss es darum gehen, Geflüchtete in Bildung und Arbeit zu bringen. Je besser sie integriert sind, desto stärker entziehen wir Extremismus den Nährboden. Hier braucht es auch eine stärkere Unterstützung der Kommunen.

Ich erwähne diese Maßnahmen, um zu verdeutlichen: wir nehmen das Thema sehr ernst. Wir arbeiten seit Jahren an Lösungen und haben konkrete Vorschläge, die wir in einer Regierung umsetzen wollen. Allerdings ist das Thema so komplex, dass es keine einfachen Lösungen gibt - auch wenn andere Parteien, die nicht in Regierungsverantwortung sind, das gerne und lautstark behaupten. Friedrich Merz und der Union ging es bei der Abstimmung Ende Januar zum Zustrombegrenzungsgesetz um Symbolpolitik. Seine Vorschläge hatten keine Chance auf Umsetzung, weil sie den Bundesrat nicht passiert hätten. Gleichzeitig schlug er Kompromissangebote mit den Parteien der demokratischen Mitte aus. Stattdessen handelte er nach der Devise: entweder ihr stimmt meinem Vorschlag zu oder ich stimme mit der AfD. Das ist nicht nur befremdlich, weil er Mehrheiten mit der AfD explizit ausgeschlossen hatte; es widerspricht auch dem Wesen der Demokratie, die ja eben nicht vom Durchdrücken bestimmter Meinungen lebt, sondern vom Finden von Kompromissen. Dem hat sich Friedrich Merz verweigert - und gleichzeitig der AfD zu einem Triumpf verholfen. Es reichte in Blick ins Plenum, um das zu erkennen: Jubel bei der AfD, lange Gesichter bei der Union. Friedrich Merz hat sich verzockt. Politik ist kein Spiel, sondern es geht um Menschen.

Es ist diese Art von unverantwortlichem Handeln, das am Ende den Rechtsextremen Zuspruch verschafft.

Mit freundlichen Grüßen

Anna Lührmann