Wie stehen Sie zu einer Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes, Erhalt des Verbots der Leihmutterschaft und der Einführung des schwedischen Ansatzes zu Prostitution (Nordisches Modell)?
Meine Wahlentscheidung werde ich nach rein objektiven Kriterien treffen - entscheidend ist die Haltung zu Frauenrechten.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Fragen. Gerne möchte ich diese beantworten.
- Zur Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes: Mit dem Selbstbestimmungsgesetz haben wir als Ampelregierung das diskriminierende Transsexuellengesetz ersetzt. Dafür haben wir Bündnis 90/Die Grünen uns schon lange eingesetzt. Das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung wird durch unser Grundgesetz geschützt. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt klargemacht. Ich freue mich, dass wir endlich das Selbstbestimmungsgesetz umgesetzt haben. In einem gesellschaftlichen Klima, in dem sich Angriffe auf trans* Personen und queerfeindliche Straftaten häufen, müssen wir das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung ermöglichen und schützen.
2. Erhalt des Verbots der Leihmutterschaft: Das Thema Kinderwunsch ist ein sehr sensibles Thema. Aktuell ist in Deutschland Leihmutterschaft verboten. Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat in ihrem Abschlussbericht empfohlen, selbst altruistische Leihmutterschaft nicht zu erlauben oder nur unter sehr engen Voraussetzungen (nahes verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis zwischen Leihmutter und Wunscheltern) zu ermöglichen. Ich halte diese Empfehlung für richtig, da im Rahmen der Leihmutterschaft zu viele Missbrauchsrisiken sowie rechtliche und praktische Hindernisse vorliegen.
3. Einführung des nordischen Modells: Wir als Bündnis 90/Die Grünen sind gegen ein Sexkaufverbot. Stattdessen wollen wir die Rechte und die Gesundheitsversorgung von Sexarbeiter*innen stärken. Besonders Prostituierte in prekären Situationen müssen wir gezielt unterstützen, beispielsweise durch Beratung und Ausstiegsangebote. Auch fordern wir, dass Prostitutionsstätten stärker kontrolliert werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Selbstbestimmung und Sicherheit der Sexarbeiter*innen bei ihrer Arbeit vor Ort. Kriminalisierung und Stigmatisierung schützt Betroffene nicht. Ein Sexkaufverbot drängt Sexarbeiter*innen in die Illegalität. Es erschwert auch denjenigen, die es brauchen, den Zugang zu Hilfsangeboten.
Mit freundlichen Grüßen
Anna Lührmann