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Anna Christmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jochen H. •

Frage an Anna Christmann von Jochen H. bezüglich Petitionen

Sehr geehrte Frau Christmann,

In BW wurde aus Gründen der Koalitionsräson der von der FDP eingebrachte Gesetzesentwurf von Bürgerbegehren zu Landkreis-Themen seitens der Grünen abgeschmettert, obwohl eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten dafür ist. Dieses Recht für die Bürgerinnen und Bürger aus diesen Gründen vorzuenthalten, ist ein Skandal. Nur in BW und Hessen gibt es diese Möglichkeit nicht, die Zeit dafür wäre reif gewesen.
Wohl aus gleichen Gründen wollen sich die Grünen im Bund von der direkten Demokratie abwenden. Was wird aus dem Volksentscheid, warum soll diese Bürgerbeteiligung auf der Strecke bleiben?
Als Mitglied im Landesvorstand von Mehr Demokratie Baden-Württemberg wären die Grünen deshalb für mich und viele weitere zukünftig nicht wählbar!

Mit freundlichen Grüßen
Jochen Heger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heger,

vielen Dank für ihre Frage. Als Mitglied der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen bin ich natürlich nicht stellvertretend aussageberechtig für die Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Ich kann Ihnen hier also nur eine persönliche Einschätzung anbieten.

Wie Sie schon richtig angemerkt haben, gibt es unterschiedliche Ideen und Perspektiven über den Ausbau und die Innovation von Bürger*innenbeteiligung und auch direkter Demokratie unter den Parteien in Baden-Württemberg, auch was die Frage der Einführung direkter Demokratie auf Ebenen zwischen Kommunen und Land betrifft. Wie Sie dem grünen Landtagswahlprogramm in Baden-Württemberg entnehmen konnten, befürworten wir auch im Südwesten "die Einführung von direktdemokratischen Elementen auf Landkreisebene" (siehe https://www.gruene-bw.de/wp-content/uploads/2021/01/GrueneBW-Landtagswahlprogramm-2021-Wachsen-wir-ueber-uns-hinaus.pdf, S. 262). Im nun vereinbarten Koalitionsvertrag konnten wir die Formulierung erreichen, dass wir das "Volksabstimmungsgesetz weiterentwickeln" wollen (siehe https://www.gruene-bw.de/wp-content/uploads/2021/05/Jetzt-fuer-morgen-Der-Erneuerungsvertrag-fuer-Baden-Wuerttemberg-gruen-schwarze-Koalition-2021-2026.pdf, S.90).

Sie sehen, dass es hier unterschiedliche, nicht immer ganz korrespondierende Auffassungen auch zwischen Koalitionspartnern gibt oder geben kann und wir daher nicht 1:1 unser Wahlprogramm umsetzen können. In diesem Kontext begrüße ich es daher sehr, wenn Bürgerinnen und Bürger und zivilgesellschaftliche Organisationen auf den gesellschaftlichen Willen aufmerksam machen, direkte Demokratie auch auf Kreisebene einzuführen und mehr Demokratie zu ermöglichen. Ich persönlich bin der Auffassung, dass sie bei den GRÜNEN offene Ohren finden werden.
Darüber hinaus freue ich mich, dass der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg auch die Bereicherung der repräsentativ-parlamentarischen Demokratie über andere Formate, v.a. zufallsgeloste Bürger*innenräte und Bürger*innenforen vorsieht, die nun bei den wichtigsten Gesetzentwürfen grundsätzlich einbezogen werden sollen. Ebenfalls sollen dialogische Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie besser verzahnt werden, z.B. bei den Volksanträgen (siehe erneut https://www.gruene-bw.de/wp-content/uploads/2021/05/Jetzt-fuer-morgen-Der-Erneuerungsvertrag-fuer-Baden-Wuerttemberg-gruen-schwarze-Koalition-2021-2026.pdf, S.90). Hierzu hat Ministerpräsident Kretschmann auf der digitalen Landesdelegiertenkonferenz der baden-württembergischen GRÜNEN am 8. Mai betont, dass wir die „Politik des Gehörtwerdens“ zur „Politik des Mitwirkens“ ausbauen wollen.

Herzliche Grüße

Anna Christmann

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