Frage an Anke Fuchs-Dreisbach von Rainer D. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Fuchs-Dreisbach!
Ich stehe häufig mit Leuten aus der Industrie und aus dem Handwerk in Verbindung. Mich würde interessieren, was Sie für die Wirtschaft in Siegen-Wittgenstein unternehmen wollen und wie Sie die Bedeutung des Handwerks einschätzen. Außerdem interessiert mich, wie Sie als CDU-Vertreterin zum Auftrags-Vergabegesetz NRW stehen.
MfG
R. D. (Bad Berleburg)
Sehr geehrter Herr Daus!
Ich freue mich, dass Sie Interesse an meiner Person wie auch an meinen politischen Positionen zeigen. Sie stellen konkret die Frage nach meinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen; auch das Vergabegesetz NRW sprechen Sie konkret an.
Im Folgenden möchte ich Ihnen die wesentlichen Aspekte meiner wirtschaftspolitischen Programmatik für Siegen-Wittgenstein zumindest in den Grundzügen skizzieren:
[1] Absolute Priorität hat für mich das sogenannte Infrastrukturprojekt „Route 57“, also die Ortsumgehungskette zwischen Erndtebrück und Kreuztal. Nachdem dieses Projekt im November des vergangenen Jahres im Bundesverkehrswegeplan in den „vordringlichen Bedarf“ eingestuft wurde, will ich, dass jetzt möglichst zügig auch der Planungsauftrag erfolgt.
[2] Überdies will ich den Breitbandanschluss bis ins letzte Dorf unserer Region Siegen-Wittgenstein, d.h. die zügige Versorgung von Industrie, Handwerk und Haushalten mit hochleistungsfähigen und modernsten Internetanschlüssen.
[3] Im Zusammenhang mit dem Thema „Fachkräftemangel“ plädiere ich, was zum Beispiel hochschulausgebildete Fachkräfte vor allem in technischen Berufen anbelangt, für duale Ausbildungsgänge an der Universität Siegen. Hierbei orientiere ich mich an einem Modell, das in Hessen entwickelt wurde und sich „StudiumPlus“ nennt. Die Studenten kombinieren in ihrem Studium, z. B. Bauingenieurwesen, Maschinenbau oder Softwaretechnologie, Theorie mit Praxis (Einsatz in einem sogenannten „Partnerunternehmen“). Ziel eines solchen Ansatzes ist es auch, die jungen Fachkräfte langfristig an Unternehmen und somit auch an die Region zu binden. Ich halte diesen Ansatz für überzeugend und will deswegen mit der Universität Siegen, IHK und Politikern meiner Partei Gespräche führen, um dieses Ausbildungskonzept auch in unserer Region zu implantieren.
[4] Zudem habe ich auf dem Kreisparteitag der CDU in Geisweid im April meine Vision „Valley 57“ vorgestellt. Im Kern geht es um Folgendes: Ich will in Siegen-Wittgenstein ein Klima der Existenzgründung schaffen. Ich will mutige und pfiffige Existenzgründer vor allem im Bereich Informationstechnologie und Hightech ansiedeln und fördern, denn wir müssen uns mittelfristig ein weiteres wirtschaftliches Standbein in Siegen-Wittgenstein aufbauen, und zwar gedacht als Ergänzung zu unseren traditionellen Strukturen Mittelstand, Industrie, Handwerk, Tourismus und Dienstleistungen. Ein Lichtblick in dieser Sache ist die Kooperation unserer Universität Siegen mit der Fachhochschule Südwestfalen; dieses Projekt nennt sich „Start-up Innovationslabor Südwestfalen“ und soll im Juli dieses Jahres seine Arbeit aufnehmen und ich unterstütze dieses Projekt ausdrücklich.
[5] Überdies spreche ich mich gegen die ideologisch motivierte Strategie von Rot-Grün aus, die in den letzten Jahren die potenzielle Ausweisung von Gewerbeflächen durch den Landesentwicklungsplan dadurch verhindert hat, dass diese NRW-Regierung von dem Ziel geleitet wurde, immer mehr Biotope und Landschaftsschutzgebiete usw. zu schaffen. Also: Die Überführung von potenziell für die Industrieansiedlung geeigneten Flächen sind in landeseigene Flächen mit einem besonderen Schutzstatus versehen worden und stehen somit für eine Kommune, z. B. für die Erweiterung oder Neuschaffung eines Gewerbegebietes, nicht mehr zur Verfügung. Auch Siegen-Wittgenstein braucht ein gewisses Potenzial an vermarktbaren Gewerbeflächen. Mein Ziel ist es, die entsprechenden Verordnungen daraufhin zu prüfen, inwiefern „zweckentfremdete“ Flächen wieder in kommunale Nutzungsflächen zurückgeführt werden können.
[6] Sofern die CDU im Mai die Regierung bildet, werde ich zusammen mit meinen Kollegen unter der Federführung von Armin Laschet das rot-grüne Bürokratiemonstrum NRW-Vergabegesetz kippen. In Hinblick auf die Vergabe öffentlicher Aufträge an Handwerksbetriebe gehe ich von folgendem Ansatz aus: Vergabe öffentlicher Aufträge sind von den Kommunen vorrangig an Handwerksbetriebe zu vergeben, die in der Region ansässig sind, in welcher die Kommune Arbeiten durchführen lassen will. Die rechtliche Umsetzung wäre diesbezüglich in Düsseldorf noch zu prüfen. Einzige zentrale Bedingung sollte sein: Es muss sich um einen Meisterbetrieb handeln und der Betrieb orientiert sich an tariflich vereinbarten Mindestlöhnen (keine Subunternehmer also mit Dumpingpreisen!). Das gegenwärtige NRW-Vergabegesetz ist mittelstandsfeindlich, unpraktisch, viel zu komplex und kompliziert und bedeutet für mittelständische Handwerksbetriebe, die sich auf öffentliche Ausschreibungen bewerben wollen, einen erheblichen Kostenfaktor. Nicht umsonst wird dieses praxisferne Absurditätengesetz von allen Handwerksinnungen aufs Schärfste kritisiert, denn ein einfacher Handwerksbetrieb mit z. B. 20 bis 25 Leuten hat weder die Zeit noch die Personalkapazitäten, um sich durch einen fast 60-seitigen Bewerbungsbogen für einen öffentlichen Auftrag zu quälen. Auf den Punkt gebracht: Ich will, dass dieses Gesetz in der Abfalltonne der Geschichte landet.
Ich hoffe, dass ich Ihnen, sehr geehrter Herr Daus, habe zureichend antworten können.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Wittgensteiner Land
Anke Fuchs-Dreisbach