Frage an Anjes Tjarks von Klaus-Peter S. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Tjarks,
Hamburg bekommt ab 2020 jährlich noch zusätzlich 180 Millionen Euro vom Bund hat gerade Bürgermeister Scholz öffentlich gemacht!
Zusätzlich zu den seit Jahren ohnehin sprudelnden hohen Steuereinnahmen!
Ist bei dieser außerordentlich guten Finanzlage die geplante Zwangsabgabe für die Gehwegreinigung nun endlich und endgültig vom Tisch, oder reichen die Steuereinnahmen immer noch nicht aus? Dann allerdings zweifel ich an einer soliden Haushaltsführung des Senats und einem sorgfältigen Umgang mit den anvertrauten Steuergeldern!
Mit freundlichem Gruß
K. S.
Hallo Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Bei allem Verständnis dafür, dass man sich in der Regel nicht über neue Gebühren freut, möchte ich dennoch für das Projekt werben und für Sie eine haushälterische Einordnung der Gebühr vornehmen. Richtig ist, dass wir durch die Einigung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Finanzkraft der Stadt über viele Jahre gesichert haben. Nicht richtig ist, dass Hamburg deswegen im Geld schwimmt, sondern unsere Haushaltslage ist angespannt, und die Einhaltung der Schuldenbremse ist nach wie vor eine große Herausforderung. Im Einzelnen:
1. In der Tat erwartet Hamburg Mehreinnahmen in der von Ihnen genannten Höhe durch die Neuordnung der Bund Länder Finanzbeziehungen. Dieses Geld ist aber nur in der Theorie frei verfügbar, sondern insbesondere durch vom Bürgerwillen initiierte politische Projekte gebunden. Dabei sticht insbesondere der für ebenfalls diesen Zeitpunkt avisierten Qualitätsschritt der Betreuung in den Kinderkrippen hervor. Wir haben hier verabredet, dass wir die Betreuungsqualität in den Krippen erheblich zu verbessern (Relation Erzieher - Kind 1:4). Dieser Qualitätsschritt wird zusammen mit der erwartbaren quantitativen Auswirkungen der Krippenplätze erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.
2. In der Tat haben wir GERADE gute Steuereinnahmen, die über die Steuereinnahmen einer normalen Konjunkturlage hinausgehen. Diese führen dazu, dass man in der Logik der Schuldenbremse mit den Überschüssen gerade NICHT neue DAUERHAFTE Ausgaben beschließen sollte, die man bei sinkenden Steuereinnahmen dann nicht mehr bezahlen kann. Die Kunst einer soliden Haushaltspolitik besteht gerade darin, in den guten Jahren die Ausgaben nicht unverantwortlich auszuweiten, ohne eine dauerhafte Gegenfinanzierung zu haben.
3. Abgesehen davon, dass Steuerschätzungen noch keine Steuereinnahmen sind, brauchen wir die konjunkturell bedingten Zusatzeinnahmen, um die Sünden der Vergangenheit zu bezahlen. Da kann sich die Opposition, insbesondere CDU, die hier wirklich nicht mit finanztechnischem Know-How brilliert, bei der HSH Nordbank gerne mal an die eigene Nase fassen. Es wird jetzt ja durch den anstehenden Verkauf eine Schlussrechnung geben und die wird mehrere Milliarden Euro groß sein. Wenn man verantwortlich handelt, dann nimmt diese wahrscheinlichen, aber noch nicht eingetretenen Steuermehreinnahmen, die auf die gute Konjunkturlage zurückzuführen sind, zur Schuldenrückführung. Es ist jetzt sehr wichtig, dass wir gerade in den Zeiten niedriger Zinsen diese Schulden jetzt auch ein wenig zurückführt werden, sonst wird das dicke Ende kommen, wenn die Zinsen wieder steigen.
4. Der Vorteil einer Gebühr für den Bürger besteht darin, dass der Einführung einer Gebühr IMMER eine KONKRETE Gegenleistung gegenüber stehen MUSS. Das bedeutet: Durch die Einführung der Straßenreinigungsgebühr, die in vielen anderen Städten im Übrigen schon immer da war, ergibt sich ein LeistungsZWANG. Wenn wir das jetzt „nur" aus den allgemeinen Steuermitteln finanzieren, was wir freilich nicht im vollen Umfang können, bedeutet dass, das es eine Sauberkeit nach Kassenlage gibt. Auf gut Deutsch: Gehen die Steuereinnahmen zurück, dann ist das Projekt wieder weg. Ich will aber, dass sich die Pflege des öffentlichen Raumes sich in Hamburger dauerhaft und nachhaltig verbessert.
5. Ein Nebenhinweis: Selbstverständlich beteiligt sich auch die Stadt selbst im erheblichen Umfang an diesem Projekt. Bei jeder Gebühr ist die öffentliche Hand zur Kofinanzierung verpflichtet. Deswegen werden ca. 9 Mio. Euro aus dem allgemeinen Haushalt fließen. Zudem ist die Stadt selbst einer der größten Grundstückseigentümer und wird natürlich selbst auch zahlen müssen. Das bedeutet, dass etwa 30 Prozent des Projektes aus Steuereinnahmen bezahlt werden.
6. Es ist nicht richtig, dass das diese Gebühr das wohnen in Hamburg deutlich verteuert. Man sollte in einer durchschnittlichen Mietwohnung in etwa mit 1-2 Euro/Monat rechnen.
7. Ich möchte Sie zudem auf einen kürzlich im Abendblatt erschienen Artikel hinweisen. Hier hat das Abendblatt aufgelistet, dass in Hamburg die Gebühren insbesondere für Familien deutlich niedriger sind als im Umland und wir uns überhaupt nicht zu verstecken brauchen: http://www.abendblatt.de/hamburg/article208868541/Der-grosse-Gebuehrenvergleich.html
Und schließlich: Wichtig ist mir, abschließend noch mal den Blick auf den Sinn dieses Projektes zu lenken. Es geht darum, dass wir den öffentlichen Raum in unserer Stadt, die wir alle so wertschätzen, besser pflegen können, um die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu steigern und unsere Stadt damit noch ein wenig lebens- und liebenswerter zu machen. Es geht darum, die Pflege der öffentlichen Parks zu verbessern und ihre Aufenthaltsqualität zu steigern. Es geht darum, mehr und bessere Mülleimer aufzustellen, damit die Menschen die Gassibeutel und anderes besser loswerden und es geht darum, auch die Verursacher von Vermüllung stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Und mir ist natürlich bewusst: Wenn wir das machen, dann müssen wir auch liefern. Und das werden wir. In diesem Sinne bitte ich Sie, diese Argumente zu bedenken und uns weiterhin gewogen zu bleiben.
Mit besten Grüßen
Anjes Tjarks