Frage an Anjes Tjarks von Rainer Z. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Tjarks,
als Wähler in Ihrem Wahlkreis und Arbeitnehmer in diesem Bereich wüsste ich gerne, wie Sie zur Fortführtung der sog. Energiewende, also der Beendingung der Nutzung der Atomkraft und langfristig auch der Kohlekraft stehen.
Treten Sie dafür ein, den Zubau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen gegenüber dem jetzigen Niveau zu beschleunigen oder zu bremsen?
Haben Sie bzw. Ihre Partei konkrete Ziele, welcher Anteil der Strom- bzw. Wärmeversorgung z.B. 2020 oder 2030 durch Erneuerbare Energien gedeckt werden soll?
Wie würden Sie mit der Finanzierung der EEG-Umlage umgehen? Sollen Energieintensive Betriebe stärker in die Finanzierung der Energiewende einbezogen werden?
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antworten.
Sehr geehrter Herr Zimmermann,
besten Dank für Ihre Anfrage. Sie sprechen natürlich mit der Energiewende eines der zentralen Themen an, die uns besonders am Herzen liegen. Es ist einer der größten Erfolge grüner Politik, dass nach der Katastrophe von Fukushima der Atomausstieg beschlossen werden konnte. Schwarz-Gelb musste letztlich unserem Druck nachgeben.
Wir wollen den Atomausstieg sicher und schnell besiegeln. Bei den noch laufenden Atomkraftwerken muss die Sicherheit höchste Priorität haben. Für uns bedeutet das konkret, dass wir die Sicherheitsanforderungen für alle Atomanlagen erhöhen. Falls diese Standards nicht eingehalten werden können, müssen die betreffenden AKW vom Netz genommen werden, das beschleunigt den Atomausstieg. das neue kerntechnische Regelwerk zügig und sicherheitsgerichtet durchsetzen; die erforderlichen Nachrüstungen der verbleibenden AKWs rasch durchsetzen und Änderungen an AKWs nur zustimmen, wenn sie dem strengen Stand von Wissenschaft und Technik genügen, dafür sorgen wollen, dass bei den bis 2020 abzuschaltenden AKWs auf alle Fälle noch eine periodische Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wird und bei den nach 2020 abzuschaltenden je zwei, den nuklearen Katastrophenschutz hierzulande verbessern, dafür sorgen, dass auch beim AKW-Rückbau Sicherheit Vorrang hat; die Atomtransporte minimieren und sicherer machen, entsprechende Vorschläge habe ich auch im Zusammenhang mit dem Brand der Atlantic Cartier im Hamburger Hafen gemacht, die bislang beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelten Mittel für Atomsicherheit-Forschungsvorhaben auf das Bundesumweltministerium übertragen, sowie keine, die Atomindustrie fördernde Vorhaben mehr vergeben, sondern ausschließlich ausstiegs- und sicherheitsorientierte Forschung finanzieren.
Zum Atomausstieg gehört für uns Grüne auch, endlich eine ergebnisoffene, wissenschaftsbasierte und transparente Suche nach dem bestmöglichen Atommüll-Endlager auf der Grundlage des neuen Standortauswahlgesetzes anzugehen. Unser Ziel ist es, durch die breite Diskussion u. a. in der eingesetzten Bund-Länder-Kommission, aus dem Parteien-Konsens einen gesellschaftlichen Konsens herzustellen, um für die erforderliche Akzeptanz zu sorgen, sicherzustellen, dass die Atomkonzerne den Suchprozess finanzieren, die Rücklagen für die Entsorgung des Atommülls aus den Händen der AKW-Betreiber in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen sowie Atommüllexporte ins Ausland zu verbieten.
Aus unserer Sicht ist der Atomausstieg erst vollendet, wenn auch alle Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs wie die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementeproduktion Lingen geschlossen sind. Das ist unser Ziel.
Derzeit liegt der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bei knapp 25 %. 2030 wollen wir unseren Strom zu 100 % erneuerbar produzieren. Im Gebäude- und Wärmebereich streben wir eine Umstellung möglichst bis 2040 an. Dazu wollen wir bis zum Jahr 2022, wenn spätestens die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen, mindestens die Hälfte der Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien decken.
Wir wollen die Stellschrauben im EEG neu justieren, um den Ökostrom-Ausbau kosteneffizient weiter voranzubringen und Anreize zur bedarfsgerechten Erzeugung, etwa bei der Biomasse, zu setzen. Da die EEG-Umlage viel höhere Kosten ausweist als die tatsächlichen Mehrkosten des EEG, wollen wir, dass sie zukünftig ehrlich ist, und werden sie sachgerecht umgestalten. Wir wollen eine Effizienzrevolution fördern, bei der drohende Rebound-Effekte, also der Verlust an Effizienzgewinnen durch erhöhten Verbrauch, vermieden werden.
Dringend muss das Ausmaß der Industrieprivilegien bei EEG & Netzentgelten wieder zurückgeführt werden. Wenn wir die Ausnahmeregelungen deutlich begrenzen, können wir mehrere Milliarden sparen. Es ist doch absurd, wenn u.a. Golfplätze und dergleichen hier privilegiert werden. Den wirklich energieintensiven Betrieben wie etwa der Aluminiumindustrie, die im internationalen Wettbewerb stehen, möchte ich das Privileg weiter gewähren.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen alle beantworten und würde mich freuen, wenn Sie am 22. September GRÜN wählen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Anjes Tjarks