Sehr geehrte Frau Weisgerber, wie wichtig ist es ihnen, die Lage in den Geflüchteten Camps an den EU-Außengrenzen zu verbessern? Sind sie für eine Evakuierung und sichere Fluchtwege?
Sehr geehrte Frau Weisgerber, dass die Lage in den Geflüchtetencamps an den EU-Außengrenzen nach so vielen Jahren gefühlter politischer Ohnmächtigkeit weiterhin so schlecht ist und vielen Menschen in Not kein sicherer Fluchtweg in Aussicht gestellt wird, macht mich sehr traurig. Was sind ihre Lösungsvorschläge? Stimmen sie einer Evakuierung der Camps zu? Würden sie einer Koalition der Willigen innerhalb der EU beitreten um endlich pragmatisch zu helfen? Ich denke, bei so vielen globalen Verwerfungen und Menschenrechtsverletzungen, kann Deutschland und die EU sich eine solche Migrationpolitik nicht leisten ohne massiv an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Wie wichtig ist ihnen das Thema? Würden sie der These zustimmen, dass die Industrienationen durch ihre Politik und ihr Wirtschaften auch einen großen Teil dazu beitragen, dass es an anderen Orten in der Welt zu großen Migrationsbewegungen kommt? Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Warnecke,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Deutschland steht bei der Übernahme von Flüchtlingen und Migranten von den griechischen Inseln in der europäischen Gemeinschaft klar an der Spitze. Das gilt übrigens auch generell in Bezug auf die Aufnahme von Asylbewerbern. Wir verzeichnen laufend die meisten Asylanträge innerhalb der EU. Allein seit 2015 wurden in Deutschland rund 1,9 Millionen Asylanträge gestellt. Im Jahr 2016 haben wir dabei mehr Asylsuchende aufgenommen als alle anderen 27 EU-Staaten zusammen. Dazu kommen die Resettlement- und humanitären Aufnahmeprogramme. Auch weltweit befindet sich Deutschland laut dem „Global Trends: Forced Displacement in 2019“ Report des UNHCR auf Platz drei in der Liste der größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge und Asylbewerber.
Zur Lage in Griechenland: Die nun von der Europäischen Kommission zusammen mit Griechenland angekündigte Errichtung eines europäisch finanzierten und ggf. auch durch die EU verwalteten Aufnahmezentrums für Migranten und Flüchtlinge auf Lesbos ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein solches Zentrum würde die griechischen Behörden entlasten und einen wesentlichen Beitrag für die Europäisierung der Migrationspolitik darstellen. Deswegen setzen wir uns gegenüber der EU-Kommission dafür ein, dass der Bau schnellstmöglich vorangebracht wird.
Auch für Bosnien-Herzigowina gilt: Hilfe muss vor Ort geleistet werden. Eine nachhaltige Lösung der Asyl- und Migrationsfrage kann nicht darin bestehen, dass Deutschland in jeder kritischen Situation Migranten und Flüchtlinge aufnimmt. Die Regierung und Behörden in Bosnien und Herzegowina müssen ihre internationalen humanitären Verpflichtungen erfüllen. Die Bundesregierung hat sich daher bereits frühzeitig dafür eingesetzt, dass für alle betroffenen Personen in Bosnien und Herzegowina eine wintergeeignete Versorgung und Unterkunft bereitgestellt wird. Die Bundesregierung unterstützte bei der Bewältigung der Situation und hat über das Technische Hilfswerk frühzeitig Mittel i. H. v. von insgesamt 880 000 Euro zur Verfügung gestellt. Zudem wurden Bosnien und Herzegowina bereits 2019 bei der Ertüchtigung einer Aufnahmeeinrichtung unterstützt. Die Regierung von Bosnien und Herzegowina hat inzwischen, unterstützt von der EU, der Internationalen Organisation für Migration und dem THW, Schritte zur Verbesserung der Lage in Lipa eingeleitet. U. a. gibt es nun beheizte Zelte mit festem Boden und Waschgelegenheiten. Zudem konnte ein Großteil der ehemaligen Bewohner von Lipa registriert und in das Übergangseinrichtungen gebracht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Weisgerber