Sehr geehrte Frau Troff-Schaffarzyk, wie stehen Sie zum Einsatz von Gesichtserkennung, wie sie bereits an einigen Bahnhöfen in Deutschland eingesetzt wird.
Obwohl seit Jahren die Kriminalitätsrate und die Zahl der Todesopfer durch Terroranschläge sinkt, fordern Politiker*innen beständig den Ausbau von Massenüberwachung. Hierdurch soll einem „Gefühl“ der Unsicherheit der Menschen abgeholfen werden. Aktuell im Trend: Videoüberwachung mit Gesichtserkennung. Getestet wurden die Systeme bereits am Berliner Bahnhof Südkreuz. Gesichtserkennung birgt enormes Missbrauchspotential – sowohl für einzelne unberechtigt Handelnde als auch für etwaige zukünftige autoritäre Regierungen. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen eine Regierung, die exakt weiß, wer wann wo ist, ist nur schwer denkbar. Es liegt in der historischen Verantwortung Deutschlands, keine Infrastruktur aufzubauen, die es ermöglicht, die gesamte Gesellschaft zu kontrollieren. Darunter leiden Freiheitsrechte, individuelle Entfaltung und politische Teilhabe.
Sehr geehrter Herr S.,
wir müssen uns im öffentlichen Raum sorglos aufhalten können. Wo Kriminalitätsschwerpunkte sind, kann eine moderne Videoüberwachung sinnvoll sein. Im besten Fall zur Verhinderung von Straftaten aber wenigstens zur Aufklärung von Straftaten. Neue Technologien in diesen Kontexten müssen technisch und rechtlich genau geprüft werden, inwiefern sie einerseits zu einem wirklichen Sicherheitsgewinn beitragen, andererseits aber mit dem Datenschutz und den grundgesetzlich garantierten Persönlichkeitsrechten vereinbar sind. Die Fehlerquote bei derzeitigen Systemen ist immer noch vergleichsweise hoch. Gesichtserkennungstechnik als Überwachungsmaßnahme lehne ich ab.
Beste Grüße
Anja Troff-Schaffarzyk