Frage an Anja Quast von Dr. Juliane S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Liebe Frau Quast,
ich habe beim Abgeordnetencheck mit Ihnen die meisten Übereinstimmungen erzielen können. Die meisten Punkte, in denen wir nicht übereinstimmen, sind für mich ohnehin von eher untergeordneter Bedeutung. In einem ganz wesentlichen Punkt jedoch sind wir unterschiedlicher Meinung und ich würde gern Ihre Begründung dafür erfahren, warum Sie am dreigliedrigen Schulsystem mit einer 4-jährgen Grundschulzeit festhalten möchten. Ich hab zwar meine drei Kinder recht erfolgreich durch die Schulzeit bekommen (2xAbi, 1x Fachabi), wäre aber dennoch froh gewesen, eine so wichtige Entscheidung, wie die für eine weiterführende Schule, nicht bereits nach der 4. Klasse fällen zu müssen. Da die Einstellung des Kandidaten meiner Wahl ganz entscheidend auch von diesem Punkt abhängt, bitte ich Sie um eine Stellungnahme.
Mit freundlichem Gruß
Liebe Frau Seum,
die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach; wir haben im vergangenen Jahr einen Volksentscheid zu dieser Frage gehabt, der erfolgreich war. Das heißt, die Mehrheit der Bevölkerung ist für die Beibehaltung des Gymnasiums ab Klasse vier. Diese Entscheidung respektiere ich, da ich der Meinung bin, man kann in einer so wichtigen Frage keine Politik gegen das Volk machen.
Ihre Frage ist in einem Punkt etwas ungenau, bzw. nicht ganz richtig; wir haben heute kein dreigliedriges Schulsystem mehr, sondern ein zweigliedriges; bestehend aus Gymnasien und Stadtteilschulen. Beide Schulformen führen zum Abitur, was übrigens immer eine ganz wichtige Forderung der SPD war.
Wenn Sie mich fragen, was ich rein pädagogisch richtig finde, so würde ich ein längeres gemeinsames Lernen auch befürworten. Ich stand gerade in den letzten Wochen vor der Entscheidung, auf welcher weiterführenden Schule ich mein mittleres Kind anmelde, für das einige weitere Jahre auf einer Grundschule sicherlich gut gewesen wären. (Gerade Jungs brauchen ja in allem etwas länger...) Aber vor dem Hintergrund der finanziellen Situation unserer Stadt hielte ich es für verkehrt, rein baulich, die Räume in den Gymnasien leer stehen zu lassen, um statt dessen in den Grundschulen massiv bauen zu müssen. Wir brauchen dieses Geld für Ganztagsbetreuung (und zwar qualitativ hochwertige!!) und für allgemeine Sanierungen (meine Kinder mögen in der Schule nicht auf Toilette gehen, so marode sind die...).
Bevor die ganze Primarschuldebatte angefangen wurde, hat die SPD sich dafür ausgesprochen, die beiden unterschiedlichen Schulformen so aneinander anzugleichen, dass die Lerninhalte und -methoden kompatibler werden, so dass eine Durchlässigkeit innerhalb der Schulformen entsteht und Kinder entsprechend ihrer Entwicklung auch zwischen den Schulformen wechseln können. Also eine Reform mehr von innen heraus, als von außen. Wir haben in der Vergangenheit viel zu viel über die Schulstruktur gesprochen und viel zu wenig über Inhalte und Methoden. Zudem benötigen wir (das habe ich an anderer Stelle ja bereits ausgeführt) dringend mehr Multiprofessionalität an den Schulen (Lehrer, Sozialpädagogen, Psychologen) sowie gemeinsame Klassenführungen gemischter Teams, so dass Lehrer sich aufs Lehren konzentrieren können und andere Fachleute sich auf persönliche Probleme der Schülerinnen und Schüler konzentrieren können. Das wäre sicherlich auch ein Schritt hin zu mehr Chancengleichheit.
Vielleicht gibt der vereinbarte Schulfrieden uns ja die Chance, in den kommenden Jahren die Schulen besser in die Lage zu versetzen, die vorhandenen guten Ideen zur Unterrichtsverbesserung auch umzusetzen.
In diesem Sinne würde ich mich über Ihre Unterstützung unserer Politik freuen.
Mit freundlichen Grüßen, Anja Quast