Sehr geehrte Frau Liebert, wie stehen Sie zu einem Stopp von Gas- und Ölimporten aus Russland?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Mittelfristig ist es dringend geboten, dass sich Deutschland unabhängig von Energieimporten aus Russland macht. Gerade vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine muss Deutschland schnellstmöglich alle Abhängigkeiten zu Russland auflösen, um nicht erpressbar zu sein. Angesichts des hohen Anteils der Importe aus Russland an den Gesamtimporten von Kohle, Gas und Öl ist ein sofortiger Lieferstopp extrem schwierig, da nicht sofort und vollständig durch andere Staaten ersetzbar.
Wenn man von heute auf morgen jegliche Energie-Importe einstellen würde, würde das aber bedeuten, dass wir in ein paar Wochen keinen Strom und keine Wärme mehr für alle Menschen in unserem Land haben würden.
Außenministerin Annalena Baerbock brachte es vergangene Woche in einem Interview auf den Punkt: „Wie viele Tage würden wir denn aufrechterhalten können, dass Leute nicht mehr zur Arbeit fahren können, dass wir in Kindergärten keinen Strom mehr haben, dass wir Krankenhäuser nicht mehr wirklich am Laufen erhalten können. Deswegen müssen wir in diesen schwierigen Zeiten, wo es einem das Herz zerreißt, auch bei diesen Fragen einen kühlen Kopf bewahren.“
Bundeswirtschaftsminister Habeck wies ebenfalls vor wenigen Tagen völlig zu Recht darauf hin, dass die Versorgungssicherheit Deutschlands gewährleistet sein muss: „Da muss der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen, die Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein“. Mittelfristig sind Unabhängigkeit in der Energiepolitik und eine klimaneutrale Energieproduktion das Gleiche. Je stärker sich Deutschland auf eigene Energiequellen stützt, desto souveräner kann das Land außenpolitisch reagieren.
Deshalb hat die Bundesregierung vor einigen Tagen beschlossen, für die Energiesicherheit und den Klimaschutz mehr als 200 Milliarden Euro bis 2026 zur Verfügung zu stellen. Das sind wichtige Investitionen in unsere Energiesouveränität. Die Bundesregierung bringt damit viele zusätzliche Maßnahmen auf den Weg, um so schnell wie möglich von Kohle, Öl, Gas wegzukommen und den Verbrauch zu reduzieren. Die Ampelparteien sind sich einig, dass wir künftig als Industrienation nur erfolgreich sind, wenn wir schneller den Weg Richtung Klimaneutralität gehen.
Bis wir eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien aus dem In- und Ausland gewährleisten können, müssen wir unsere Gasimporte sehr viel stärker diversifizieren. Dabei arbeiten wir europäisch zusammen, etwa, indem wir auch eigene Kapazitäten für die Anlandung von Flüssiggas (LNG-Terminals) in Deutschland schaffen. Wichtig ist uns dabei, dass wir so schnell wie möglich grüne Gase aus nachhaltiger Produktion anlanden. Der Import von Grünem Ammoniak zum Beispiel könnte schon parallel zu künftigen Importen aus einem neuen LNG-Terminal anfangen. Auch zunächst fossil genutzte Terminals sollten möglichst leicht auf Erneuerbares Gas umgestellt werden können. Das sichert den schnellen Umstieg auf klimaneutrales Gas (fuel switch), wenn genügend Wasserstoff vorhanden ist.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Liebert