Frage an Angelika Krüger-Leißner von Anne R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Krüger-Leißner,
wie stehen Sie dazu, dass die Initiative EXIT-Deutschland nicht mehr staatlich gefördert wird, und somit vor dem aus steht (Webseite der Organisation: http://www.exit-deutschland.de/) ? Warum wurde das Konzept abgelehnt? Welche Kriterien wurden angewendet? Ich habe die Arbeit dieser Organisation seit vielen Jahren in den Medien verfolgt, und ich bin entsetzt, dass sie nicht mehr unterstützt werden soll.
Gerade ein Bundesland wie Brandenburg, welches paradoxerweise trotz eines extrem niedrigen Ausländeranteils in der Bevölkerung über eine der bundesweit höchsten Fremdenfeindlichkeitsquoten verfügt, sollte ein sehr starkes Interesse daran haben, dass eine Organisation wie EXIT-Deutschland arbeitsfähig bleibt. Schliesslich ist neben der Förderung von präventiver Arbeit, die Begegnung und Aufklärung leistet und Jugendlichen Perspektiven gibt, auch die Unterstützung Ausstiegswilliger aus der rechten Szene essenziell, um demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Gesinnungen in der Gesellschaft die Stirn zu bieten.
Sehr geehrte Frau Rozinat,
als ich von der Einstellung der Förderung von EXIT-Deutschland - ebenso wie Sie - aus den Medien erfahren habe, war ich persönlich sehr enttäuscht. Ich bin mir sehr wohl über die Bedeutung der Initiative in unserer Region bewusst. Die Leistung der Initiative war beachtlich - so hat sie nahezu 300 Rechtsextreme erfolgreich aus der Szene führen können.
Ich kann Ihnen sogar mit einem konkreten Beispiel die Zusammenarbeit zwischen EXIT und meinem Wahlkreis - und somit die Relevanz der Initiative - belegen. So haben die Jusos-Oberhavel im Rahmen eines Schulprojektes gegen Rechts, was ich unterstützt habe, Anfang dieses Jahres an der Torhorst-Gesamtschule Oranienburg erfolgreich mit dem EXIT-Aussteiger Matthias Adrian zusammengearbeitet.
Dennoch habe ich - auch im Zuge Ihrer Anfrage - die Berichterstattung der Medien, die ja zunächst eindeutig erschien, kritisch hinterfragt. Aus den Gesprächen mit Mandatsträgern und dem fördernden Ministerium für Arbeit und Soziales ergab sich ein differenzierteres Bild.
So konnte das Ministerium mir gegenüber glaubhaft darstellen, dass der diesjährige Antrag auf finanzielle Förderung für EXIT nicht der neuen Förderprogrammatik des Europäischen Sozialfond (ESF) entspricht. Die Auswahlkriterien waren lange bekannt und vor allem transparent. Sie konnten (und können nach wie vor) online auf www.esf.de eingesehen werden.
Laut Auskunft des Ministeriums haben weit über 200 Projekte bzw. Initiativen diese Kriterien in ihrer Antragsstellung beherzigt, was sich in positiven Förderungsbescheiden niederschlug.
Dennoch musste das Ministerium einräumen, dass durch seine neue Förderprogrammatik mit den entsprechenden Vergabekriterien insbesondere Aussteigerprogramme nicht mehr zum Zuge kamen. Aus diesem Grunde hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Auflage eines Sonderprogramms für November/Dezember (Bewilligung ab Frühjahr 2009) dieses Jahres angekündigt*. Dieses Programm soll für Projekte, wie EXIT, "Aktion Zivilcourage" in Pirna oder das - ebenfalls sächsische - Aussteigerprogramm "Klinke" zugeschnitten sein, versichert das BMAS.
Ich gebe Ihnen Recht, wir dürfen nicht in unserem Kampf gegen Rechts nicht nachlassen. Ich hoffe, dass das Umdenken des Ministeriums dazu beiträgt.
Ihre
Angelika Krüger-Leißner