Frage an Angelika Krüger-Leißner von Irene G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Krüger-Leißner,
mein Mann arbeitet in der Baubranche, und hat vor ein paar Jahren ein Vertrag zur Entgeltumwandlung abgeschlossen. Nun muß sein Arbeitgeber diesen Vertrag auf Eis legen, weil ein irrsinniger Tarifvertrag unterbindet, dass die Mindestlohngrenze unterschritten wird. Diesen Tarifvertrag kann man mit einer Öffnungsklausel versehen, und alle beim Bau Beschäftigten könnten ohne Weiteres wieder privat fürs Alter vorsorgen.
Vielleicht haben Sie ja den Einfluss auf die Bau-Gewerkschaft, und können denen mal das Problem nahelegen, und dafür Sorgen, daß diese unsinnige Klausel aus dem Tarifvertrag verschwindet.
Vielen Dank mit freundlichem Gruß
Irene Gellhorn
Sehr geehrte Frau Gellhorn,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage vom 06.11.2012. Ich möchte Ihnen heute auf Ihre Fragen antworten. Ihrer Anfrage ist zu entnehmen, dass Ihr Ehemann einen zur Entgeltumwandlung abgeschlossenen Vertrag nicht fortführen kann aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung.
Es handelt sich hierbei offenbar um § 2 Absatz 6 des Tarifvertrages über eine Zusatzrente im Baugewerbe. Danach ist die Umwandlung des Mindestlohnes zur Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen. Da Ihr Ehemann bei seinem jetzigen Arbeitgeber offenbar lediglich den Mindestlohn erhält, ist der Arbeitgeber in der Tat nicht berechtigt, einen Teil hiervon für die Entgeltumwandlung zu verwenden.
Diese Regelung ist zurückzuführen auf eine vom Gesetzgeber im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) getroffene Normierung und dient dem Schutz der in der Baubranche beschäftigten Arbeitnehmern. Gemäß § 8 des AEntG ist ein von dem Geltungsbereich eines Mindestlohntarifvertrages erfasster Arbeitgeber verpflichtet, seinen Arbeitnehmern mindestens die in dem Mindestlohntarifvertrag vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren. Der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe ist ein Tarifvertrag im Sinne des AEntG. Dies bedeutet, dass der Mindestlohn von dem Arbeitgeber an den Arbeitnehmer abzurechnen und auszuzahlen ist. Teile hiervon können demzufolge nicht umgewandelt werden, was mit der tarifvertraglichen Regelung noch einmal ausdrücklich klargestellt wurde.
Mit der Regelung soll einem möglichen Missbrauch der Arbeitgeber entgegengewirkt werden, Teile dieses Mindestlohnes dem Arbeitnehmer vorzuenthalten. Das ist eine Schutzregelung für den Arbeitnehmer. Denn ob einbehaltene Entgeltteile tatsächlich einer Entgeltumwandlung zugeführt werden und diese in voller Höhe viele Jahre später an den Arbeitnehmer tatsächlich zur Auszahlung kommen, dürfte für die zuständigen Behörden kaum kontrollierbar sein.
Sehr geehrte Frau Gellhorn,
sie haben mich gebeten, Einfluss auf die Gewerkschaft zu nehmen. Ich habe der IG Bau Ihren Sachverhalt zur Kenntnis gegeben. Einfluss auf die Tarifverträge kann ich jedoch nicht nehmen. Dafür gibt es die Tarifautonomie. Es liegt in den Händen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter die bestmöglichen Regelungen auszuhandeln. Ich hoffe das sie diese Verantwortung auch wahrnehmen.
Herzliche Weihnachtsgrüße und für das neue Jahr alles Gute.
Ihre Angelika Krüger-Leißner, MdB