Frage an Angelika Krüger-Leißner von Frank S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Ich möchte Sie gerne fragen, wie Sie zum neuen Meldegesetz stehen, dass gerade vom Bundestag verabschiedet wurde.
Sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 07. Juli 2012. Ich möchte Ihnen heute auf Ihre Fragen antworten. Ich weiß, dass die aktuelle Berichterstattung und der durch den Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf zum neuen Meldewesen die Menschen in unserem Land bewegt. Ich persönlich bin über die Art und Weise der Gesetzesarbeit der CDU/CSU und FDP sehr verärgert. Ist es doch wieder einmal ein Beleg dafür, dass diese Regierungskoalition keine bürgerfreundlichen und auf das Gemeinwohl gerichteten Entscheidungen trifft.
Der von der Bundesregierung bereits im November 2011 vorgelegte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens (Drs. 17/7746) war eine gute Beratungsgrundlage. Es war vorgesehen, den Datenschutz im Meldewesen zu stärken. Hintergrund des Entwurfs war, dass das Meldewesen mit der Föderalismusreform I in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes überführt worden war. Mit dem neuen „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens“ will der Bund diese Gesetzgebungskompetenz ausfüllen und das bisher geltende Melderechtsrahmengesetz (MRRG) aus dem Jahre 1980 mit den Landesmeldegesetzen in einem Bundesmeldegesetz zusammenführen.
Mit ihrem wenige Tage vor den abschließenden Beratungen vorgelegten Änderungsantrag zum neuen Meldegesetz hat die schwarz-gelbe Koalition dem Datenschutz jedoch einen schweren Schlag versetzt. Anders als im Regierungsentwurf vorgesehen soll für Auskünfte zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels nicht mehr die Einwilligung des Betroffenen erforderlich sein, die Bürgerinnen und Bürger sollen lediglich der Datennutzung zu diesen Zwecken widersprechen können. Darüber hinaus soll nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition der Widerspruch gegen die Weitergabe von Daten für Werbung und Adresshandel insoweit unwirksam sein, als „die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden“.
Meine Fraktionskollegen haben im zuständigen Innenausschuss am 27. Juni 2012, einen Tag vor der spätabendlichen Abstimmung im Plenum, unmissverständlich gegen das Einknicken der schwarz-gelben Koalition vor der Adresshandelslobby Stellung bezogen, wurden aber von der Regierungsmehrheit überstimmt. Da die Mehrheitsverhältnisse im Innenausschuss die gleichen sind wie im Plenum, bleibt uns als Opposition nur der Weg, das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Über die Länder, in denen die SPD die Regierung führt oder an ihr beteiligt ist, wollen wir verhindern, dass der Bundesrat dem Gesetz in der jetzigen Fassung zustimmt. Eine Debatte im Plenum hätte nichts geholfen, schon im Innenausschuss war klar, dass Schwarz-Gelb unseren guten Argumenten für einen verbesserten Datenschutz nicht zugänglich war. Es ist darum eine unglückliche Verzerrung, wenn in den Medien eine Verbindung zwischen der spätabendlichen Verabschiedung im Plenum und dem zeitgleichen EM-Halbfinalspiel hergestellt wird.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Medien selbst unsere Pressemitteilung vom 29. Juni 2012 zur 2./3. Lesung des Gesetzentwurfs offenbar erst mit einwöchiger Verspätung zur Kenntnis genommen haben.
Auch dass sich Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) nun plötzlich vom neuen Melderecht ihrer eigenen Koalition distanziert, ist eine unglaubliche Kehrtwende und nicht zu verstehen. Der Änderungsantrag wurde gemeinsam von der CDU/CSU und der FDP eingebracht. Gegen diesen wandte sich die SPD, da er den ursprünglichen datenschutzfreundlichen Gesetzentwurf in das Gegenteil verkehrte.
Mit herzlichen Grüßen,
Angelika Krüger-Leißner, MdB