Guten Tag, wie stehen Sie zum Verbot der AfD? Und beabsichtigen Sie in ihrer Fraktion//Koalition einen Verbotsantrag am Bundesverfassungsgericht zu stellen?
Sehr geehrte Herr S.,
an ein Parteiverbot werden in der Bundesrepublik Deutschland sehr hohe verfassungsrechtliche Hürden gelegt.
Ein Verfahren zu einem Parteiverbot ist in Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetztes und §§ 43 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes geregelt. Die Gesetzeslage regelt insbesondere, dass Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig sind.
Antragsberechtigt beim Bundesverfassungsgericht sind der Deutsche Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung. Ein Parteiverbot muss jedoch sehr gut begründet sein. Alleine die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen genügt nicht. Es muss eine aktiv kämpferische und aggressive Haltung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt vorhanden sein und es muss konkrete Anhaltspunkte geben, dass ein Erreichen der verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint.
Bisher hat das Bundesverfassungsgericht zweimal ein Parteiverbot ausgesprochen. Dabei ging es um das Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) im Jahr 1952 sowie um das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Jahr 1956. Ein Verbotsverfahren gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) wurde 2003 eingestellt. 2017 stellte das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die NPD zwar fest, dass sie ein auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ausgerichtete Konzept vertritt. Jedoch erfolgte kein Verbot, da keine Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele festgestellt werden konnten.
Vor diesem Hintergrund beinhaltet ein Verbotsantrag in Bezug auf die Partei AfD Risiken. Ein solcher Antrag muss klar begründet sein. Die vorliegenden Erkenntnisse zu Mitgliedern der AfD zeigen, dass diese Partei zumindest in Teilen klar rechtsextrem ist und gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung agiert. Mindestens einzelne Personen aus dem Mitgliederspektrum sowie einzelne Parteigruppen sind diesem verfassungsfeindlichen Bereich zuzuordnen.
Bundesinnenministerin Faeser hat sich kürzlich zur Frage eines Verbotsantrages gegen die AfD geäußert. Sie setzt, und diese Einschätzung teile ich, auf die politische Auseinandersetzung.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat. Die Parteigliederung in Thüringen wird mit ihrem Landesvorsitzenden als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Auch in anderen Bundesländern wie beispielsweise Bayern befasst sich der Landesverfassungsschutz mit Gliederungen der AfD.
In der politischen Auseinandersetzung mit der AfD sehe ich in diesem Zusammenhang die gegenwärtig wichtigste Herausforderung. Im Hinblick auf den Schutz unserer Verfassung und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vertraue ich auf die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden und auf unseren Rechtsstaat.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Glöckner, MdB