Frage an Angelika Glöckner von Reinhard G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Glöckner,
im letzten März wurde ein „Sozialschutzgesetz“ erlassen, das Bürgern in Corona-Zeiten einen erleichterten Zugang zu Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld 2, ermöglichen soll. Welche Regelungen aus dem Gesetz sind ausgelaufen und welche bestehen noch? Sollten nicht alle Regelungen weiter geschrieben und zudem noch ergänzt werden?
Ich habe gehört, dass zur Zeit manche Jobcenter von vielen Antragstellern von Weiterbewilligungsanträgen verlangen, das sie Kopien der Kontoauszüge von mehreren Monaten einreichen und das mit „einer neuen Vorgabe“ begründen.
Ich denke, dass etliche Leistungsberechtigte zur Zeit tatsächlich große Schwierigkeiten haben, überhaupt Kopien zu erstellen. Bibliotheken, die Jobcenter selber und viele Copy-Shops haben geschlossen. Bei den anderen darf man nicht selbst ans Gerät, sondern muss die Unterlagen zum Kopieren abgeben usw.
Wissen Sie, aufgrund welcher Vorgaben oder Weisungen Jobcenter so handeln? Ist nach der aktuell geltenden Rechtslage eine lückenlose Weiterbewilligung von Leistungen gewährleistet, auch wenn die verlangten Kopien nicht termingerecht eingereicht werden?
Viele Grüße
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Corona-Pandemie trifft viele Menschen hart. Uns als SPD ist es seit Beginn der Pandemie ein dringendes Anliegen, einerseits die Gesundheit der Menschen zu schützen und andererseits die wirtschaftlichen Schäden soweit als möglich zu vermeiden. Beispielhaft nennen will ich hier das Kurzarbeitergeld, mit dem es gelungen ist, in der Krise, die Arbeitsplätze für viele Beschäftigte zu sichern. Die SPD hat sich erfolgreich für eine Erhöhung Verlängerung des Kurzarbeitergeldes eingesetzt. Dennoch stehen viele vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Dort wo Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen oder Überbrückungskredite nicht ausreichen oder rechtzeitig ankommen, haben wir als weitere Möglichkeit den erleichterten Zugang zur Grundsicherung geschaffen. Der Bundestag hat am 5. November diese Regelungen verlängert bis zum 31. März 2021. Erleichtert heißt, dass beispielsweise die Vermögensprüfung für sechs Monate ab Bewilligung grundsätzlich ausgesetzt und die Wohn- und Heizkosten voll anerkannt werden. Selbständig tätige Leistungsberechtigte erhalten zudem ihre Leistungen nach einem vereinfachten Verfahren. Die SPD setzt sich für eine Verlängerung des vereinfachten Zugangs ein. Voraussetzung für eine Verlängerung ist die Zustimmung unseres Koalitionspartners.
Für die Vorlage von Kontoauszügen, gibt es in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eine neugefasste Weisung. Danach sind künftig regelmäßig statt bisher sechs Monate lediglich Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen. Eine Abweichung von dieser Drei-Monats-Regelung ist möglich, wenn beispielsweise Hinweise auf Leistungsmissbrauch bestehen. Die Verkürzung oder auch der vollständige Verzicht auf die Vorlage der Kontoauszüge ist grundsätzlich möglich, beispielsweise bei einem Verlängerungsantrag des Leistungsbezugs ohne dass sich die zu Grunde liegenden Voraussetzungen des Antragstellers geändert haben. Ob letztlich von den einzelnen Antragstellern Kopien verlangt werden und in welchem Umfang, liegt nach meiner Auffassung im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Job Center. Eventuell kann die Vorlage auch in elektronischer Form erfolgen. Ich halte es für zielführend soweit als möglich kontaktlos und kulant zu handeln und viele Job Center machen dies auch. Gleichzeitig gilt es aber auch sicherzustellen, dass kein Missbrauch betrieben wird und Sozialleistungen ohne jegliche Prüfung ausbezahlt werden. Zusammenfassend halte ich es für wesentlich, dass bei der Umsetzung ein guter Mittelweg gefunden wird.
Ihre letzte Frage, ob eine lückenlose Bewilligung auch ohne termingerechte Einbringung der Unterlagen erfolgen kann, lässt sich meines Erachtens nicht mit einem eindeutigen Ja oder Nein beantworten. Für den Fall, dass Auszüge nicht vorgelegt werden können, weil die Erstellung von Kopien unmöglich ist oder auf Grund der derzeitigen Situation auch nicht auf andere Weise vorgelegt werden können (z.B. durch Einscannen), darf dies m. E. nicht mit Verweis auf die nicht erfolgte Mitwirkungspflicht, zur Leistungseinstellung führen.
Die Job Center handeln auf Basis der einschlägigen Regelungen der Sozialgesetzbücher, insbesondere SGB II, sowie der darauf basierenden internen Weisungen der BA. Die einschlägigen Weisungen der BA sind nachzulesen unter folgendem Link: https://www.arbeitsagentur.de/datei/weisung-202101002_ba146830.pdf
Ich hoffe damit ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Glöckner