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Angelika Glöckner
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Frage von Rainer W. •

Frage an Angelika Glöckner von Rainer W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Fau Glöckner,

Ich möchte niemals fremdes menschliches Gewebe oder Organe erhalten und halte diese Behandlung aus medizinischer Sicht, nicht nur für völlig ungeeignet, sondern i.d.R. für extrem schädlich. Auch soll kein Mensch sein Leben auf diese schrecklichste Art und Weise, durch Zerstückelung wie auf einem Schlachttisch, verlieren und bis hin zu Knorpelstücken oder Kniegelenken verpackt und verschickt werden.

Die Verdinglichung des Menschen als Medikament, ist für mich der absolute Maßstab von Menschenunwürdigkeit.
Tatsächlich gibt es Menschen, die gegen eine Zerstückelung Ihres Körpers nichts einzuwenden haben, auch nicht gegen den Einbau von fremden Geweben und Organen.

Beide Einstellungen lassen sich verbinden, wenn Menschen sich als Spender registrieren lassen könnten und für jedes Jahr seit der Erklärung der Spendebereitschaft, Punkte kriegen würden, für eine bevorzugte Organ-/Gewebezuteilung im Bedarfsfall. Organerkrankten, die nicht registriert sind, aber aus speziellen Gründen kurzfristig ein Organ/Gewebe brauchen, könnten nach Ihrer Registrierung sofort Zugang zu der Vergabe haben, z.b. durch ein Notfallkontingent auch ohne gesammelte Punkte. Als "Geschlossener Club" gibt es viele Möglichkeiten des Kennenlernens, was die Erfolgsaussichten einer Übertragung, durch bekannte Menschen, erhöht.
Bei denen, die nicht registriert sind bzw. sich bei einer Erkrankung auch nicht registrieren wollen, soll es bei Strafe verboten sein, Organe/Gewebe als Therapie zu verabreichen oder auch zu entnehmen. Dies kommt all den Menschen zugute, die befürchten, im bewußtlosen Zustand nicht widersprechen zu können und nach einer OP mit fremden Organen/Geweben aufzuwachen.

Der amtierende Präsident der Ärztekammer hat dieses Prinzip thematisiert https://www.waz.de/politik/aerztepraesident-organspende-bereitschaft-mit-vorzug-belohnen-id226233671.html .
Wurde dieses Vorgehen diskutiert bzw. welche Erfolgsaussichten würden Sie diesem Vorgehen geben?

mfg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie Ihre Position zur Organspende dargelegt haben.
Gerne möchte ich Ihnen meine Ansicht der Dinge erläutern.
Ich respektiere Ihre Entscheidung keinerlei menschliches Gewebe erhalten zu wollen. Lassen Sie mich aber noch richtigstellen, dass kein Mensch ohne das eindeutige Einverständnis irgendein Spendermaterial erhält. Ausgenommen hierbei ist die Notfallversorgung durch Spenderblut und -plasma. Sollten Sie dies auch nicht bekommen wollen, so empfehle ich Ihnen eine Patientenverfügung, da hier ihr konkreter Wille rechtssicher festgehalten wird. Hier kann das Bundesministerium der Justiz mit Informationen weiterhelfen: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.html .
Generell haben wir in Deutschland zu wenig Organspender, weshalb wir einen dringenden Handlungsbedarf haben. Für mich ist die Entscheidung zugunsten der Widerspruchslösung gefallen. Mit der Widerspruchslösung wird niemand zur Organspende gezwungen, aber jeder und jede Person ist dazu verpflichtet, sich mit der Frage der Organspende auseinanderzusetzen. Diese Entscheidung kann zu jeder Zeit für und gegen eine Organspende getroffen werden.
Ihrem Vorschlag über ein geschlossenes System von Spendern und Empfängern, bei dem nur der- oder diejenige ein Organ erhält, der auch Spender ist, kann ich nicht zustimmen. Es verstößt für mich gegen das fundamentale Prinzip einer ethischen Gesundheitsversorgung. Ein Arzt bzw. Ärztin darf und sollte nicht dazu genötigt werden, eine Behandlung nicht durchführen zu können, wegen bürokratischer Verfahren. Es würde auch Tür und Tor öffnen bezüglich weiterer ethischer Fragen in anderen medizinischen Bereichen.
Ich finde es gut, dass eine Debatte über dieses wichtige Thema entstanden ist und danke Ihnen für Ihren Beitrag dazu. Ich hoffe ich konnte Ihnen meinen Standpunkt in Ihrem Sinne darlegen und vielleicht auch Ihnen ein paar Anregungen mitgeben.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Glöckner

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