Warum liefert Deutschland keine schweren Waffen an die Ukraine? Wie zB den Leopard 1 oder den Marder?
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der seit mehr als zwei Monaten andauernde völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine verursacht nach wie vor unfassbares Leid. Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine und unterstützt die Bevölkerung auf allen Wegen — mit finanziellen und humanitären Mitteln, aber auch mit der Lieferung von Waffen und damit auch schweren Waffen. Wir haben in der Frage von Waffenlieferungen direkt nach dem völkerrechtswidrigen Angriff einen Paradigmenwechsel vollzogen.
Deutschland hat der Ukraine aus den Beständen der Bundeswehr unter anderem Panzerfäuste, Flugabwehrraketen und Maschinengewehre sowie Munition geliefert, außerdem geschützte Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte und persönliche Schutzausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten. Die Bundeswehr hat geliefert, was möglich ist, ohne die eigenen Fähigkeiten einzuschränken. Angesichts der momentanen Bedrohungslage dürfen Lieferungen aus dem Bestand der Bundeswehr nicht zulasten der Landes- und Bündnisverteidigung gehen – gerade auch mit Blick auf die Bündnisverpflichtungen an der NATO-Ostflanke.
In enger Abstimmung mit den NATO-Partnern werden schwere Waffen aus sowjetischen Beständen in Form eines sogenannten „Ringtausches“ geliefert. An diesen sind ukrainische Soldatinnen und Soldaten bereits ausgebildet und sie können daher sofort eingesetzt werden. Zudem sind Munition, Instandsetzungs- und Ersatzteile in der Ukraine vorhanden. Wir sorgen dafür, dass unsere Partner den nötigen Ersatz für die gelieferten Waffen erhalten. Zu diesen Waffen zählen beispielsweise auch Schützenpanzer sowjetischer Bauart, die von Seiten der Mitgliedsstaaten sofort geliefert werden können.
Um der Ukraine über die direkten Lieferungen aus den Beständen der Bundeswehr hinaus mit weiteren Waffen aus Deutschland helfen zu können, leisten wir finanzielle Rüstungshilfe. Die Bundesregierung ermöglicht es so, dass die Ukraine sich direkt von hiesigen Rüstungsfirmen beliefern lassen kann. Deutschland stellt das für den Kauf notwendige Geld zur Verfügung. Olaf Scholz hat dafür gesorgt, dass zwei Milliarden Euro als Rüstungshilfe für Partnerländer zur Verfügung gestellt werden – zum großen Teil zugunsten der Ukraine.
Darunter sind wie bisher Panzer- und Flugabwehrwaffen, Panzerrichtminen, Munition und das, was man im Artilleriegefecht einsetzen kann. Die erforderlichen Ausfuhrgenehmigungen für solche Rüstungsgüter werden in beschleunigten Verfahren nach Prüfung im Einzelfall rasch erteilt. Wie zuletzt bei der Lieferung von Flugabwehrpanzern des Typen Gepard an die Ukraine durch den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann. Dieser verfügt über Gepard Luftverteidigungssysteme aus früheren Beständen der Bundeswehr, die an die Ukraine verkauft werden.
In Rheinland-Pfalz hat zudem die Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 begonnen, die ebenfalls geliefert wird. Die Panzerhaubitze 2000 und der Flugabwehrpanzer Gepard haben eine deutlich höhere Zerstörungskraft als zum Beispiel der von Ihnen genannte Marder-Panzer.
Weiterhin zugesagt hat Bundeskanzler Olaf Scholz gerade eben erst die Lieferung eines modernen Flugabwehrsystems, eines modernen Ortungsradars und von vier Mehrfachraketenwerfer aus Bundeswehrbeständen.
Alle Bündnispartner sind sich in dem Ziel einig, dass ein Übergreifen des Krieges auf andere Staaten und damit ein Flächenbrand verhindert werden muss. Daher erfolgen die Waffenlieferungen in enger Absprache mit unseren Bündnispartnern. Es darf zudem zu keiner Einschränkung der deutschen Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kommen und eine Kriegsbeteiligung muss zu jedem Zeitpunkt ausgeschlossen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme