Frage an Anette Kramme von Sandra E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kramme,
stimmt es, dass Deutschland eine UNO-Konvention gegen Korruption, die am 14. Dezember 2005 in Kraft trat, nicht ratifiziert hat? Stimmt es, dass diese Konvention Politikern jegliche Annahme von Präsenten und Annehmlichkeiten verbietet und sie eine schärfere strafrechtliche Verfolgung möglich macht?
Wenn dies stimmen sollte, so stellt sich natürlich die Frage warum diese Konvention nicht ratifiziert wurde. Insbesondere nachdem in Deutschland das Thema "Begünstigung von Politikern" immer noch ein heißes Eisen ist. So ist ja Ihr Coburger Kollege vor ein paar Jahren hier stark in die Kritik geraten. Viele Sachen sind sicher ganz harmlos, aber sehr schnell werden hier Sachen vermengt, die gar nichts miteinander zu tun haben. So war ich z.B. sehr erstaunt, dass in den Foren der Bayreuther Presse stark über Ihre Nähe zur IG Metall spekuliert wurde und wie negativ dies gesehen wird. Für mich ist die Nähe eines SPD-Politikers zu Gewerkschaften eher normal. Aber anscheinend wird das in Ihrem Wahlkreis teilweise anders gesehen.
Sollte es daher nicht im Interesse aller Politiker sein, hier strenge Regeln zu vereinbaren und alles für eine möglichst große Transparenz zu tun? Sie haben ja z.B. im Bereich der Nebentätigkeit mehr Offenheit demonstriert als z.B. Merz & Co., aber ist dies wirklich genug? Ist es nicht heuchlerisch, wenn deutsche Politiker über den Sumpf bei Siemens schimpfen, aber gleichzeitig eine UNO-Konvention gegen Korruption bei Politikern nicht umsetzen? Sollte es nicht Ziel einer modernen fortschrittlichen Demokratie sein, gerade in diesem Punkt Weltspitze zu sein und nicht bei diesem Punkt eine enorme Zögerlichkeit an den Tag legen? Dies schürt doch gerade die Vorurteile und trägt sicher auch zu der Politikverdrossenheit in Deutschland bei.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra Erdwein
Sehr geehrte Frau Erdwein,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
In der Tat hat die Bundesrepublik Deutschland die Uno-Konvention zur Korruption im Jahr 2005 unterzeichnet. Zutreffend ist auch, dass der Deutsche Bundestag diese Konvention bis heute nicht ratifiziert hat.
Gründe hierfür liegen vor allem in der Skepsis einiger Abgeordneter gegenüber einzelnen Detailregelungen dieser weitgehenden Resolution. Ich stimme Ihnen aber zu, dass dieser Zustand nicht zur Transparenz beiträgt. Sicherlich muss auch bei Politikern abgewogen werden, welches Maß an Transparenz notwendig ist und wo die Privatsphäre geschützt werden muss. Ich persönlich bin jedoch der Ansicht, dass eine Ratifizierung dringend geboten ist. Nicht zuletzt, weil dieser Schritt auch das Vertrauen in die Politik stärken würde.
Der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass die rot-grüne Bundesregierung die Regelungen über Nebentätigkeiten von Abgeordneten gegen den Widerstand von CDU/CSU und FDP erheblich ausgedehnt und verschärft hat (Sechsundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages -- Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages, Bundestags-Drucksachen 15/5671, 15/5698, 15/5846).
Zudem hatte die SPD-Fraktion gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner einen Gesetzentwurf zur Änderung der Strafvorschrift über die Abgeordnetenbestechung - also des § 108e des Strafgesetzbuches - erarbeitet, das Bundesministerium der Justiz hatte parallel dazu einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption vorbereitet. Im Mai 2005 sollten die letzten Abstimmungen innerhalb der Koalition stattfinden. Beide Entwürfe konnten wegen der bevorstehenden Neuwahlen nicht mehr in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
Zudem setzt sich meine Fraktion für mehr Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe ein. Bei der anstehenden Reform wollen wir das Vergaberecht verschlanken und erheblich erweiterte Transparenzverpflichtungen einführen. Transparenz vor und nach der Auftragsvergabe ist das wirksamste Mittel gegen Korruption.
Sie sehen, in der SPD-Bundestagsfraktion hat sich schon seit längerem die Einsicht in unumstößliche gesetzliche Regelungen im Bereich der Korruption gegen jeden auch nur leisen Zweifel durchgesetzt. Diese Einsicht wünsche ich mir auch bei den verbliebenen Skeptikern im Deutschen Bundestag.
Ferner sprechen Sie in Ihrer Anfrage Kommentare in lokal geprägten Online-Foren an zu meinen politischen Auffassungen und Überzeugungen an. Auch ich war über den einen oder anderen Eintrag erstaunt. Ich bitte Sie jedoch um Verständnis dahingehend, dass ich hierauf nicht näher eingehen möchte, auch um manch einen der Kommentare durch eine Erwiderung nicht aufzuwerten.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme