Frage an Anette Kramme von Albin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Kramme,
ich bin einer der Direktversicherungsgeschädigten. Unter SPD-Regie wurde ja 2004 eine Gesetzesänderung gemacht und auch Altverträge einer doppelten Besteuerung seit dem unterzogen.
Ich bin dem Rat der Politiker gefolgt und wollte für mein Rentner Dasein eine zusätzliche Absicherung mir schaffen. Ergebnis: 10 Jahre muss ich zurück zahlen, d.h. doppelte Beiträge leisten an mein Krankenversicherung.
Wie stehen Sie dazu?? Ist das sozial und gerechtfertigt??
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich kann Ihre Verärgerung über die Abgaben bei Ihrer betrieblichen Altersvorsorge verstehen. Sie hatten mit dem vollen Auszahlungsbetrag gerechnet und sahen sich stattdessen einer Beitragspflicht ausgesetzt. Ihre Unzufriedenheit darüber, dass sich Ihre private Altersvorsorge für Sie nicht wie erwartet gelohnt hat, ist uneingeschränkt nachvollziehbar.
Im Jahre 2004 wurde die Beitragspflicht für Zahlungen aus Direktversicherungen eingeführt. Dies geschah mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), welches, vor dem Hintergrund von defizitären Sozialkassen und Schulden in Milliardenhöhe, von einem breiten Bündnis aus der Mitte des Deutschen Bundestages heraus entworfen und verabschiedet worden ist. Zur Erinnerung: Zur damaligen Zeit waren fast 5 Mio. Menschen in Deutschland ohne Arbeit, die Kassen machten Defizite in Milliardenhöhe, und zum Ende des Jahres 2003 betrug ihr Schuldenstand rund 8 Mrd. Euro.
Der ursprüngliche Gesetzentwurf der damaligen rot-grünen Bundesregierung sah im Übrigen keine derartige Regelung vor, vielmehr war es ein ausdrücklicher Wunsch der CDU/CSU-Fraktion im Rahmen dieses Gesetzes ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen: Dieses hatte den Gesetzgeber am 15. März 2000 verpflichtet, freiwillig und gesetzlich versicherte Rentnerinnen und Rentner bei der Beitragserhebung gleich zu behandeln, und angeregt, das so zu gestalten, dass sämtliche Einnahmen der Versicherten mit einbezogen werden.
Auch wenn der Großteil der betrieblichen Altersvorsorge nicht von einer Doppelverbeitragung betroffen ist, so gibt es spezielle Formen, die doppelt verbeitragt werden und damit die Attraktivität betrieblicher Altersversorgungsangebote in Zweifel ziehen. Die Betroffenen tröstet es dann auch nicht, dass diese Regelung höchstrichterlich gebilligt wurde.
Zu diesem Thema laufen seit längerer Zeit Diskussionen zwischen den beiden betroffenen Fachministerien – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesgesundheitsministerium. Vor dem Hintergrund der guten finanziellen Situation in der gesetzlichen Krankenversicherung, hat Bundesarbeitsminister Heil gegenüber seinem Amtskollegen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, bereits deutlich gemacht, dass dieses Problem angegangen werden muss. Das Bundesgesundheitsministerium hat daraufhin zugesagt, die Verbeitragung von Versorgungsbezügen in der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der Aspekte einer Gegenfinanzierung lösungsorientiert zu prüfen.
Unser Vorschlag ist es, dass die Betriebsrentnerinnen und -rentner – wie auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung üblich – nicht den vollen, sondern nur den halben Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung tragen müssen. Dies würde die betroffenen Betriebsrentnerinnen und -rentner erheblich entlasten, ohne die Finanzierungserfordernisse der Krankenversicherung aus den Augen zu verlieren.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme