Frage an Anette Kramme von Hannes M. bezüglich Kultur
Vielen Dank für Ihre Antwort vom 11.06.2013. Hierzu möchte ich gerne nochmal nachhaken:
1. Eine adäquate Schmerzausschaltung ist bei Säuglingen nicht möglich, dem noch im Rechtsausschuss gelobten Präparat EMLA wurde mittlerweile die Zulassung zur Anwendung auf der Genitalschleimhaut von Säuglingen entzogen. Bei Ihnen steht das Kindeswohl im Mittelpunkt steht: Wie können Sie eine Beschneidung an Säuglingen OHNE adäquate Schmerzausschaltung verantworten?
2. Dr. Eschelbach, Richter im 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in einem der wichtigsten Kommentare zum StGB, dem sogenannten "Beck-Online-Kommentar" das "Beschneidungsgesetz" unter anderem so kommentiert:
"Das Gesetz ist offensichtlich verfassungswidrig (Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 2 GG, Art 79 Abs 3 GG). Der Verfassungsbruch aus Gründen der Staatsraison macht sich auch nicht bezahlt, weil er die Debatte nicht beenden kann. Bei näherer Betrachtung (Rn 9.1 ff; Rn 35.1 ff) wird evident, dass alle zugrundeliegenden Tatsachenannahmen falsch sind. " Quelle: http://beck-online.beck.de/default.aspx? (mit Anmeldung)
Sind Sie nach wie vor der Meinung, eine Beschneidung an Kindern sei zu verantworten, wenn eine entsprechende Gesetzesregelung offensichtlich verfassungswidrig ist?
3. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass immer mehr Männer offen beklagen, ihre Beschneidung schränke ihr sexuelles Empfindungsvermögen ein? Siehe hierzu http://www.beschneidungsforum.de sowie die Stellungnahme der europäischen Pädiater. Zitat: "Die Autorengruppe weist auch darauf hin, dass die Vorhaut nicht nur ein bedeutungsloses Stück Haut ist. Sie sei ein stark innerviertes Organ, das die Eichel schütze und eine wichtige Rolle bei der mechanischen Funktion des Penis in der Sexualität einnehme." Quelle: http://www.kinderaerzte-im-netz.de/bvkj/aktuelles1/show.php3?id=4492&nodeid=26
Ist es Ihrer Meinung nach gerechtfertigt, für einen medizinisch nicht gerechtfertigten Eingriff das Risiko von psychischen und sexuellen Schäden in Kauf zu nehmen?
Sehr geehrter Herr Moser,
meines Erachtens habe ich Ihnen meinen Standpunkt ausführlich erläutert. Daher nur noch einmal in aller Kürze:
In der Beschneidungsdebatte geht es nicht um schwarz oder weiß. Hier sind einfach mehr Aspekte zu berücksichtigen.
Im Grundgesetz ist das Kindeswohl zu Recht als hoher Wert definiert. Es steht aber eben nicht allein, sondern auf Ebene mit elterlicher Sorge, Religionsfreiheit und Freiheit der Religionsausübung. Deshalb kann man in meinen Augen nicht argumentieren: Ich bin für das Kindeswohl und deshalb bin ich automatisch gegen Beschneidung. Kindeswohl bedeutet natürlich körperliche Unversehrtheit. Es erschöpft sich aber nicht darin, sondern es geht auch um Werte, Sicherheit und Identität. Deshalb dürfen wir nicht einen Ritus, der für einen Teil unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger nun einmal zum Kern ihrer Lebensidentität und Religion gehört, von Vornherein als kindeswohlfeindlich abstempeln.
Freundliche Grüße
Anette Kramme