Frage an Anette Kramme von Wolfram P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Mich interessiert Ihr Abstimmungsverhalten am 28. Februar 2013 zur Frage der Liberalisierung der Wasserversorgung.
Dabei ging es um den Antrag zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe KOM[2011] 897 endg. Ratsdokument 18960/11 hier: Stellungnahme des Dt. Bundestages gemäß Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes i.V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Namentl.
Wie haben Sie abgsetimmt und warum?
Sehr geehrter Herr Porr,
zur geplanten EU-Konzessionsrichtlinie wurde Ende Februar drei Anträge
im Plenum beraten. Wir haben als SPD-Bundestagsfraktion einen eigenen
Antrag eingebracht, in dem wir die Konzessionsrichtlinie gezielt
ablehnen (vgl. Drucks. 17/12519). Ebenso haben wir in der Plenardebatte
nochmals klargestellt: Wasser ist ein lebensnotwendiges Gut; eine
qualitativ hochwertige und bezahlbare Wasserversorgung muss daher Ziel
guter Politik bleiben. Deswegen fordert die SPD-Bundestagsfraktion,
öffentliche Träger der Wasserversorgung wie Stadtwerke oder kommunale
Zweckverbände aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen.
Es gibt keinen Grund, gute und bezahlbare öffentliche Wasserversorgung
dem Wettbewerb zu unterwerfen.
Doch die Richtlinie berührt nicht nur den wichtigen Bereich
Wasserversorgung: In unserem Antrag weisen wir zudem darauf hin, dass
auch andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, die nicht wie die
Strom- und Gasversorgung ausdrücklich liberalisiert worden sind, von der
Konzessionsrichtlinie betroffen sind. Zu den nichtliberalisierten
Feldern gehören neben der Wasserversorgung auch der gesamte Bereich der
Gesundheitswirtschaft, so dass Verträge zwischen Kommunen und
Gesundheitsdiensten bzw. Krankenhäusern/Altenheimen in Zukunft von den
neuen Richtlinien im Prinzip ebenfalls erfasst würden. Dies birgt völlig
unübersehbare Probleme, die bisher nicht ausreichend analysiert worden
sind.
Dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ("Keine Privatisierung der
Wasserversorgung durch die Hintertür") haben wir zugestimmt, weil er
explizit auch die anderen betroffenen Bereiche der Daseinsvorsorge erwähnt.
Bei der Abstimmung zum Antrag der Fraktion der Linken ("Wasser ist ein
Menschenrecht - Privatisierung verhindern") haben wir uns der Stimme
enthalten, weil er die Effekte der Richtlinie auf andere Aspekte der
Daseinsvorsorge nicht thematisiert und uns daher nicht weit genug ging.
Im vergangenen Dezember hatte die Bundesregierung bei den Verhandlungen
im Europäischen Rat die Gelegenheit, Änderungen bei dem
Richtlinienentwurf im Sinne des hohen deutschen Versorgungsniveaus
durchzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Wasserversorgung und die
Gesundheitsdienste aus dem Entwurf komplett ausgenommen werden. Diese
Chance haben Bundeskanzlerin Merkel und Bundeswirtschaftsminister Rösler
leider vertan.
Die SPD wird sich weiter dafür stark machen, dass Wasser öffentliches
Gut bleibt und unsere besonderen Strukturen in der kommunalen
Daseinsvorsorge gerade im Bereich Gesundheit erhalten bleiben. Daher
bleiben wir bei unserer Ablehnung der Richtlinie.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme