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Anette Kramme
SPD
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Frage von Winfried H. •

Frage an Anette Kramme von Winfried H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Frau Kramme,

Sie haben auf Ihrer Homepage unter der Rubrik "Aktuell" sich über die Leiharbeit und Amazon geäussert und auch waren Sie die Eröffnungsrednerin im Deutschen Bundestag zur aktuellen Stunde, die auf Verlangen der Fraktion der SPD abgehalten wurde. Ich beschränke mich mal darauf, kurz Sie Frau Anette Kramme wiederzugeben, da Sie ja die aktuelle Stunde einleiteten:

“…Da sind unglaubliche Vorgänge passiert. Bei der Anwerbung sind die Menschen davon ausgegangen, dass sie einen anderen Vertragspartner haben, als es dann tatsächlich der Fall war: Statt Amazon war es eine Leiharbeitsfirma. Die Löhne haben sich als niedriger als erwartet herausgestellt: Statt 9,68 Euro immerhin 12 Prozent weniger, 8,52 Euro. Tagelang wurde bei einzelnen Leiharbeitnehmern der Arbeitsantritt hinausgezögert, um entsprechend dem Arbeitsanfall bei Amazon agieren zu können. Überhaupt war ganz viel Warten bei den Leiharbeitnehmern angesagt: Warten auf den Bus, der sie zur Firma gebracht hat bzw. wieder zurück zur Unterkunft; Warten, wenn keine Arbeit da war…”

Schon in dieser kurzen Passage lassen sich gleich mehrere bemerkenswerte Dinge diagnostizieren die ich mit folgenden Fragen an Sie verknüpfe:

Warum halten Sie diese Vorgänge für unglaublich?
Haben Sie diese Vorgänge als SPD nicht geschaffen?
Was regen Sie sich über einen Mindestlohn von 8,52 bei Amazon auf, wenn sie und ihre Partei doch gemeinsam mit dem DGB für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von lediglich 8,50 streiten?

Gruß
Wahlbürger
W.Heinzel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heinzel,

Sie haben mich sowohl ‚privat‘ als auch via Abgeordnetenwatch angeschrieben und teilweise ähnliche Fragen gestellt.

Zum Thema Mindestlohn: Ich habe mich nicht darüber ‚aufgeregt‘, dass die Leiharbeiter bei Amazon 8.52 Euro/Stunde verdienen. Der Skandal liegt darin, dass man ihnen bei der Anwerbung höhere Löhne versprochen hat, nämlich die genannten 9,68 Euro/Stunde, während bei der Vertragsunterzeichnung plötzlich ein niedrigerer Betrag festgeschrieben wurde.

Zum Thema Leiharbeit und der Frage, wo die SPD selbst Fehler gemacht hat, möchte ich hier meine Antwort zitieren, die Ihnen bereits per Mail zugegangen ist:

Der Niedriglohnsektor beruht auf einer Vielzahl von Ursachen, aber ja, mit der Agenda 2010 wurden damals auch Fehler gemacht. Angesichts von fast 5 Millionen Arbeitslosen hatten wir die Hoffnung, dass z.B. durch Änderungen bei der Leiharbeit mehr Beschäftigung ermöglicht wird. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Falsch war es auch, auf Verlangen der Union im Rahmen des Vermittlungsausschusses die Kriterien für die Zumutbarkeit von Arbeit abzusenken, ohne gleichzeitig einen Mindestlohn einzuführen. Andere Entscheidungen, z.B. die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, halte ich nach wie vor für richtig.

Für mich gehört es zur verantwortungsbewussten Politik, ehrlich Bilanz zu ziehen. Dort, wo Fehler gemacht wurden, müssen wir umzusteuern. Heute sagen wir ganz klar, die damaligen Entscheidungen bezüglich der Leiharbeit waren ein Fehler. Leiharbeit hat sich eben nicht als Brücke in reguläre Beschäftigung erwiesen, sondern wird zu Tarifflucht und Lohndrückerei genutzt.

Deshalb wollen wir die Leiharbeit wieder stärker reglementieren. So haben wir in zähen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zwar inzwischen einen Branchenmindestlohn für die Leiharbeit erreicht. Das ist gut, reicht aber nicht. Wer erreichen will, dass Stammbelegschaften nicht mehr durch Leiharbeit ersetzt werden, muss u.a. dafür sorgen, dass Leiharbeiter genauso viel verdienen wie Normalbeschäftigte. Wir wollen deshalb, dass der Grundsatz, „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ für Stammbeschäftigte und Leiharbeiter endlich ohne Ausnahme gelten muss. Zudem brauchen die Betriebsräte in den Entleihbetrieben Mitbestimmungsrechte zur Kontrolle von Umfang und Dauer von Leiharbeitseinsatz. Vor allem aber soll die Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses und die Koppelung der Befristung an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) außerhalb der Probezeit unzulässig sein. Und der Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher muss gesetzlich verboten werden.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme

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