Frage an Anette Kramme von Michael B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Kramme,
es ist schön, wie Sie mit Frau von der Leyen ins Gericht fahren /1/. Wir bedanken uns auch artig, für das Aufräumen mit dem Vorurteil, dass Männer "chancenreicher" wären als Frauen. Endlich wird von der Politik anerkannt, dass die, allein von Männer besetzten Tageslöhnerjobs, keine Chancen anbieten.
Allerdings verstehen wir Ihre Aussage nicht, hinsichtlich dem Zynismus, der angeblich in einer "Abkehr vom männlichen Ernährermodell" stecken würde.
Lassen Sie uns bitte zusammenfassen. Die SPD:
a) wünscht sich "die menschliche Gesellschaft" durch "die Überwindung der männlichen Gesellschaft" (siehe Parteiprogramm der SPD).
b) wünscht sich die Frauen-Quote, Sie auch /2/.
c) will den Alleinerziehenden Frauen zu mehr Arbeit verhelfen /1/
Wenn also a) gilt, warum ist es zynisch, das "männliche Ernährermodell" aufzugeben? Frau vdL sprach nicht davon, dass die "menschliche Gesellschaft" durch das "weibliche Ernährermodell" geprägt sein sollte. (DAS wäre zynisch.)
Wir haben so viele Alleinerziehende, die von der Arbeitswelt ferngehalten werden, durch viel zu hohe Unterhaltsleistungen und da das Wechselmodell nicht praktiziert wird. Wenn die SPD also c) erreichen erreichen will, dann muss sie die Einhaltung des § 1569 BGB durch Gerichte und Ihre lieben Anwaltskollegen einfordern.
Wenn c) erreicht wird, dann wird auch b) erreicht.
Man(n) hat den Eindruck, dass die SPD und auch Sie durch hohe Unterhaltszahlungen und Verweigerung des gemeinsamen Sorgerechts für Väter nicht ehelicher Kinder (bzw. Väter allgemein), die Frauen an den Herd zu binden versuchen.
Die daraus entstehenden, berufliche Nachteile der Frauen, werden dann pauschal den Männer vorgeworfen!
Sollte ich den falschen Schluss gezogen haben, bitte ich Sie mich zu korrigieren.
Wie steht also die SPD zu einer modernen Gesellschaft in der Vater und Mutter Schulter an Schulter Beruf und Familie vereinbaren können?
MfG
MB
/1/ http://tinyurl.com/3j74fex
/2/ http://tinyurl.com/3de5lw6
Sehr geehrter Herr Baleanu,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Gerne schildere ich Ihnen meine Position zum Unterhaltsrecht, um das es Ihnen offenbar geht, wenn Sie schreiben, dass Alleinerziehende durch zu hohe Unterhaltszahlungen von der Arbeitswelt ferngehalten würden.
Selbstverständlich soll genau das nicht geschehen. Entsprechend haben wir Sozialdemokraten während der Großen Koalition eine umfangreiche Reform des Unterhaltsrechts durchgesetzt, die zum 01. Januar 2008 in Kraft trat. Mit dem Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts wurde der Betreuungsunterhalt für Väter und Mütter so geregelt, dass diese gleich behandelt werden - unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder nicht. Das entspricht der gesellschaftlichen Realität von Familien ohne Trauschein.
Zweitens wurde der Grundsatz der Eigenverantwortung ausdrücklich im Gesetz aufgenommen. Bei der Frage, ab welchem Kindsalter der Betreuende wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss, wurde die sehr kulante Rechtsprechung, die z.T. erst ab dem 16. Kindslebensjahr Vollzeitbeschäftigung für zumutbar hielt, revidiert. Grundsätzlich wird Betreuungsunterhalt nur noch während der ersten drei Lebensjahre des Kindes gezahlt. Anschließend ist dem Betreuenden eine Erwerbstätigkeit zumutbar, wenn nicht die Belange des Kindes dagegen sprechen oder keine Betreuungsmöglichkeiten existieren.
Drittens haben die Gerichte mehr Möglichkeiten erhalten, den nachehelichen Unterhalt zu befristen oder zu begrenzen. Der Lebensstandard in der Ehe ist nicht mehr entscheidend, sondern nur eines von mehreren Kriterien, ob nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen werden muss. Gerade bei kurzen Ehen ist eine dauerhafte Lebensstandardgarantie heute nicht mehr zeitgemäß.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich das Ziel einer modernen Gesellschaft, in der Väter und Mütter Beruf und Familie vereinbaren können, vollständig teile. Frauen werden als Fachkräfte gebraucht, und Frauen haben das Recht und die Pflicht, eigenständig ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Deshalb setzen wir uns seit langem für verbesserte Möglichkeiten der Kinderbetreuung ein, damit Frauen Beruf und Familie besser verbinden können. Und deshalb setzen wir uns ein für eine Förderung weiblicher Karrieren z.B. durch eine verbindliche Frauenquote in Führungsgremien, wie Sie richtig schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme